Heikle Vergaben und andere "Bagatellen"

Den ersten Frontalangriff der CDU-Opposition hat die SPD-Landesregierung abgewehrt. Doch Schrammen bleiben, auch wenn sich die Sondersitzung um umstrittene Aufträge und Postenbesetzungen zwischen politischer Abrechnung und juristischem Seminar bewegte.

Mainz. Die Anspannung ist zu spüren auf der Regierungsbank und in den Reihen der SPD-Mehrheitsfraktion, als Innenminister Karl Peter Bruch dem Landesparlament erklärt, wieso er der Agentur Quadrolux seines späteren Schwiegersohns ohne Ausschreibung den Auftrag für einen Imagefilm zum Thema Konversion zukommen ließ. Kostenpunkt: 180 000 Euro. Rechtlich zulässig und vom Konzept her absolut gerechtfertigt sei das Ganze gewesen, lässt er wissen. Allerdings deutlich weniger selbstbewusst als noch vor Tagen im Innenausschuss, wo er im Brustton eigener Überzeugung betont hat, er stehe zu seiner Entscheidung. Inzwischen ist er nach eigenen Worten schlauer geworden und entschuldigt sich dafür, die Familienbande falsch gewichtet zu haben.Doch vor allem der CDU reicht diese Entschuldigung nicht aus. Genau so wenig wie die juristischen Erklärungen von Justizminister Heinz Georg Bamberger zu der blitzartigen Ernennung eines neuen Oberlandesgerichts-Präsidenten, nachdem ein unterlegener Gegenkandidat zwar mit seinem Einspruch im Eilverfahren gescheitert war, aber vorsorglich bereits Verfassungsbeschwerde angekündigt hatte. CDU-Chef Christian Baldauf attackiert zwar die beiden Minister, wirft ihnen Vetternwirtschaft und Verfassungsbruch vor und fordert schließlich ihren Rücktritt. Doch die Hauptstoßrichtung seiner Attacken zielt auf Ministerpräsident Kurt Beck. Der verfolgt die Angriffe demonstrativ gelassen, schüttelt immer wieder voller Unverständnis den Kopf. Fragen nach seiner politischen Verantwortung, nach seinem aufreibenden Spagat zwischen Mainz und Berlin oder nach einem Postengeschacher als Teil eines Amigo-Systems Beck prallen nur äußerlich an ihm ab. Die innerliche Erregung ist ihm gleichwohl deutlich anzusehen.Auch als Baldauf eine lange Liste von Affären und vermeintlichen Skandalen aufzählt. Da ist die gescheiterte, gut dotierten Ruanda-Mission des früheren Staatskanzlei-Mitarbeiters und wegen Steuerhinterziehung verurteilten ehemaligen FCK-Geschäftsführers Gerhard Herzog.CDU fordert weitere Auskunft

Da ist weiter der Landes-Job für Ex-Grünen-Fraktions-Chefin Ise Thomas. Und da ist der Ärger um die Beschäftigung von Ex-FCK-Profi Harry Koch.SPD-Fraktionsvorsitzender Jochen Hartloff wirft der CDU vor, eine Schlammschlacht zu inszenieren, lässt sich aber gleichzeitig gern mit seinem FDP-Kollegen Herbert Mertin auf ein Rechtsseminar rund um ein Bundesverfassungsgerichts-Urteil zum Rechtsschutz bei Postenbesetzungen ein. Viel juristisches Wissen setzt der frühere Justizminister Mertin ein, um in der Auseinandersetzung mit seinem Nachfolger möglichst wenig politischen Streit vom Zaun zu brechen. Dass Beck die Vorwürfe gegen seine Minister als "Bagatelle" bezeichnet, lässt bei der CDU erneut die Emotionen hochkochen. Sie fordert Auskunft über alle Auftragsvergaben der Landesregierung ohne Ausschreibung und will den Landesrechnungshof einschalten. Ihr erster Frontalangriff wird bei der Regierung wohl ohne Wirkung bleiben.

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