Heißes Rennen um den Ring

Nürburg · Am Ende ist wie so oft alles eine Frage der Nerven. Die Anwaltteams der Bieter verhandeln auf den letzten Metern des Rennens um den Nürburgring mit wachsender Intensität. Es wird getrickst, geblufft, gepokert - vermutlich bis in den späten Montagabend.

 Eines der Sorgenkinder beim Verkauf des insolventen Nürburgrings ist das Partydorf Grüne Hölle. TV-Foto: Archiv

Eines der Sorgenkinder beim Verkauf des insolventen Nürburgrings ist das Partydorf Grüne Hölle. TV-Foto: Archiv

Nürburg. Um Mitternacht läuft am kommenden Montag die Frist ab, bis zu der potenzielle Investoren für den Nürburgring ein "zuschlagsfähiges Angebot" vorgelegt haben müssen, wie die Insolvenzverwalter Jens Lieser und Thomas B. Schmidt es nennen. Das heißt: Angebot und Konzept müssen stimmen. Ist das der Fall, wird der eigentliche Vertrag ausgehandelt.
Nach Informationen der Rhein-Zeitung sind noch drei Bewerber im Rennen: das Düsseldorfer Unternehmen Capricorn, die Investmentgesellschaft H.I.G. (mit Sitz in Miami) und ein drittes, bislang unbekanntes US-Unternehmen.
Formel-1-Matador Bernie Ecclestone soll seine Offerte (vorerst) nicht weiterbetrieben haben. Dem Vernehmen nach muss er darum kämpfen, an der Spitze der Formel 1 zu bleiben. Capricorn hat den GetSpeed-Gründer Axel Heinemann mit im Boot. H.I.G. den früheren Rennfahrer und britischen Investmentbanker Meyrick Cox, der Verbindungen zum Formel-1-Vermarkter Formula One Group hat und ein Haus am Nürburgring besitzt. Zudem ist Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff mit von der Partie, der Geschäftsführer der Test- und Repräsentationsstrecke Bilster Berg.
Capricorn und H.I.G. wollen die Rennstrecken erhalten und nach eigenen Angaben noch mehr Motorsport in die Eifel bringen. Konzeptionelle Unterschiede liegen vor allem in der Nutzung des 330 Millionen Euro teuren Freizeitparks, der jetzt allenfalls noch ein Zwanzigstel der ursprünglichen Investition wert sein dürfte. Capricorn möchte das Partydorf Grüne Hölle abreißen und dort einen autoaffinen Technologiepark errichten. H.I.G. plant, den Freizeit- und Eventbereich eher auszubauen. Über Partner in London sollen große Stars der Musikszene in die Eifel gebracht werden. Erzielen die Insolvenzverwalter am Montag ein Ergebnis, wird danach ein konkreter Kaufvertrag fixiert. Anschließend prüft die EU-Kommission sorgfältig alle Vereinbarungen. "Das macht sie völlig unabhängig", erklärte der EU-Abgeordnete Werner Langen (CDU) gegenüber unserer Zeitung. Brüssel berücksichtigt dabei auch die Einwendungen von "Ja zum Nürburgring" und dem ADAC. Erst wenn die Kommission zustimmt, kann ein Vertrag in Kraft treten.
Viele Ringaktivisten hoffen, dass die EU den Verkauf stoppt und eine Neuauflage verlangt. Sie wollen entsprechende Signale aus Brüssel empfangen haben.
Tückisch beim Bietprozess ist ohnehin: Hotels und Freizeitpark sind laut LaSalle-Gutachten nur knapp über 20 Millionen Euro wert. Der ADAC hat 30 Millionen Euro allein für die Rennstrecke geboten. Wenn die Insolvenzverwalter jetzt nur 50 Millionen Euro oder gar deutlich weniger für den Gesamtkomplex erzielen, könnte sich der Automobilclub diskriminiert fühlen. Damit wäre der Verkaufsprozess möglicherweise nicht rechtssicher. Werden die Insolvenzverwalter bis Montagabend mit keinem Investor handelseinig, können sie die Frist noch einmal verlängern oder eine neue Runde aufmachen.
Dann wären alle Bieter wieder im Spiel, deren Angebote bisher als zu niedrig empfunden und daher geparkt wurden - also auch der ADAC. Der Investorenprozess würde sich bis in den Winter oder sogar noch länger hinziehen. Die Insolvenzverwalter wollen keinen Verkauf um jeden Preis, heißt es.Extra

Die Bürgerinitiative Wir sind Nürburgring plant aus Protest gegen den Verkauf der insolventen Rennstrecke an diesem Samstagmorgen ab 9 Uhr eine weitere spektakuläre Aktion: einen Autokorso, der über 160 Kilometer von Mainz bis zur Rennstrecke in der Eifel führen soll. Das bestätigte eine Sprecherin der Initiative. Am Abend (18 Uhr) soll es in Nürburg eine Korso-Party geben. dpa

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