Flutkatastrophe Helferstreit: Landesregierung verteidigt Auftragsvergabe an Missy Motown
Mainz · Innenminister Michael Ebling (SPD) hat sich am Freitag im Landtag erstmals zur Auftragsvergabe des Landes kurz nach der Flut geäußert. Damals sei schnelles und unbürokratisches Handeln nötig gewesen. Missy Motown erklärt, keine großen Gewinne gemacht zu haben.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat am Freitag im Landtag die Auftragsvergabe nach der Flutkatastrophe im Ahrtal verteidigt. Damals vergab die für den Katastrophenschutz zuständige Trierer Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) einen Auftrag zur Einrichtung sogenannter Infopoints im Ahrtal an die Eventmanagerin Nicole Schober ohne Ausschreibung. Schober, die im Ahrtal lebt und in der Öffentlichkeit unter dem Namen Missy Motown bekannt wurde, stellte mit ihrer Firma „m2a artitude Betriebs GmbH“ dafür bis zu 15 Helfer ein. Die ADD griff dazu nach eigenen Angaben auf eine von der Landesregierung kurz nach der Flut geschaffene Vergabeerleichterung zurück, wodurch sie auf die übliche Ausschreibungsregel verzichten konnte.
Ebling: Ausschreibung wäre unverantwortlich gewesen
Darauf berief sich auch Innenminister Michael Ebling (SPD), der sich am Freitag auf Anfrage der Freien Wähler im Parlament erklärte. Es habe eine absolute Ausnahmesituation im Ahrtal geherrscht, weshalb schnelles und unbürokratisches Handeln nötig gewesen sei. „Es wäre unverantwortlich gewesen, auf einen Ausschreibungsprozess zu setzen“, sagte Ebling. Die Landesregierung habe zu dem Zeitpunkt das getan, was gefordert war. Das Verhältnis unter den Helfergruppen könne er nicht bewerten - nur, dass Anfeindungen inakzeptabel seien, so der SPD-Politiker. Ebling erwähnte auch eine Rede des Freie-Wähler-Fraktionschefs Joachim Streit, der kurz nach der Flut im Landtag eben jene unbürokratische Hilfe gefordert habe.
Die Freien Wähler hatten die Vergabe an Schober in den vergangenen Wochen jedoch mehrfach scharf kritisiert - unter anderem wegen des fehlenden Ausschreibungsverfahrens und der aus ihrer Sicht fehlenden Qualifikation von Schober. „Die Antworten des Innenministers Ebling auf unsere Fragen vermochten mich nicht zu überzeugen“, sagte der Freie-Wähler-Abgeordnete Stephan Wefelscheid nach der Sitzung. Warum habe das Land nicht die Bundeswehr mit der Besetzung von Infopoints beauftragt, fragte er.
Schober erhielt drei Millionen Euro für mehrere Aufträge
Schober und die Landesregierung wurden in den vergangenen Tagen auch für die Höhe der Zahlungen kritisiert. An Schobers Firma floss nämlich nicht nur das Geld für die Infopoints, sondern insgesamt mehr als 3 Millionen Euro - unter anderem für Mitarbeiter im Projekt Aufsuchende Hilfe und die Antragsberatung bei der Wiederaufbauhilfe, bezahlt von der rheinland-pfälzischen Investitions- und Strukturbank (ISB). Darüber hatte die Bild-Zeitung zuerst berichtet und Schober deshalb vorgeworfen, eine „unfassbare Abzocke“ mit „Flut-Geld“ zu betreiben.
„Blieb nicht viel Gewinn übrig“
Schober verteidigte sich am Freitagnachmittag in einer Pressemitteilung gegen die Vorwürfe. „Insgesamt haben wir von ADD und Kreisverwaltung für den Aufbau und Betrieb der Infopoints zusammen rund 900.000 Euro erhalten“, heißt es in dem Schreiben. Davon seien Personalkosten in Höhe von 660.000 Euro bezahlt worden. „Wenn man dann bedenkt, dass noch 19 Prozent Umsatzsteuer, also rund 180.000 Euro, an das Finanzamt gehen und die Verwaltungspauschale von 15 Prozent Krankheitsausfälle, Berufsgenossenschaftsbeiträge, Steuerberatungskosten und vieles mehr decken müssen, kann man sich vorstellen, dass nicht viel Gewinn übrig blieb“, so Schober. Für das Projekt Aufsuchende Hilfe habe die ISB 2,3 Millionen Euro gezahlt, wovon rund 1,7 Millionen Euro Personalkosten gewesen seien. „Auch bei diesem Vertrag kann also nicht von großen Gewinnen für mich oder die Firma gesprochen werden“, sagte Schober.