Hindernislauf zur Professur

TRIER. Das Verwaltungsgericht Trier muss sich zurzeit mit einem ungewöhnlichen Fall beschäftigen: Ein Professor klagt gegen die Uni, um zu verhindern, dass eine andere Professorenstelle ausgeschrieben wird. Hinter dem Hauskrach stecken handfeste Interessenkonflikte.

Das Vokabular, das durch den nüchternen Sitzungsraum des Verwaltungsgerichts saust, erinnert eher an einen Strafprozess. "Begünstigung", "gezielte Desinformation", "Seilschaften": Der Kläger ist nicht zimperlich, wenn es darum geht, die Vorgänge um die Ausschreibung einer Volkswirtschafts-Professur an der Uni Trier aus seiner Sicht zu beschreiben.Professor El Shagi ist sauer, und da gehen die Dinge manchmal durcheinander. Der Vorsitzende Richter Georg Schmidt braucht eine Engelsgeduld, um dem Wirtschaftswissenschaftler die Unterschiede zwischen Hochschulpolitik und Rechtsansprüchen zu erklären.Was der streitbare Professor - es ist nicht seine erste Klage in solchen Angelegenheiten - verhindern will, ist die Ausschreibung einer Professur für "Kommunal- und Umweltökonomie". El Shagi fürchtet Nachteile für seinen eigenen Schwerpunkt "Internationale Beziehungen". Schließlich müssen sich alle Professoren des Fachbereichs den immer kleiner werdenden Kuchen bei Personal- und Sachausstattung teilen.In zwei Jahren geht der ausgewiesene Radikal-Marktwirtschaftler in Ruhestand, und nicht wenige in seinem Fachbereich prognostizieren, dass seine Stelle - und damit das, was viele Professoren als ihr Lebenswerk empfinden - den Mainzer Sparzwängen zum Opfer fällt. Vielleicht kämpft er deshalb so leidenschaftlich dagegen, dass die Uni ausgerechnet bei den Volkswirtschaftlern eine neue Professur schaffen will. Gerade diese Professur aber hat es in sich. Für Forschung und Lehre in Sachen Kommunalökonomie zeichnete seit 1998 an der Uni Trier Martin Junkernheinrich verantwortlich. Der Wissenschaftler verschaffte sich und seiner Hochschule bemerkenswertes Renommee. Er beriet die Oberbürgermeister der großen nordrhein-westfälischen Städte in Sachen Gemeindefinanzen, wurde in die Reformkommission des Bundestags berufen. Kein Wunder, dass auch andere Unis auf den heute 45-Jährigen aufmerksam wurden.Die Situation spitzte sich zu, als Junkernheinrichs befristete Trierer Stelle im Frühjahr 2003 endete.Ungewöhnliche Koalition für eine Professur

Es fand sich eine außergewöhnliche Koalition zusammen, angeführt vom Trierer OB Schröer, die den Professor und sein Potenzial für Trier erhalten wollte. Zu diesem Zweck sollte ein wissenschaftliches Institut gegründet werden, mit einer Finanzierung außerhalb des klammen Hochschul-Etats. Schröer gelang es, den Vorstand der Nikolaus-Koch-Stiftung für das Projekt zu interessieren, und sogar das Mainzer Innenministerium bekundete informell Bereitschaft, sein Scherflein beizutragen.Nun musste noch die Frage der Professorenstelle geklärt werden - ein besonders heikles Unternehmen. Denn der Job sollte nicht nur fortgeführt, sondern auch noch aufgewertet werden, auf eine "Premium-Professur" der Kategorie C 4. Auch hier fand sich eine Lösung: Das Fach Volkswirtschaft selbst schlug vor, ab dem Jahr 2007 auf eine dann frei werdende andere Professur zu verzichten. Mainz signalisierte Bereitschaft, eine Übergangsregelung mitzutragen, und so sah es zunächst danach aus, als gebe es nur Gewinner.Allerdings sind Stellenausschreibungen an Hochschulen ein Vorgang mit Fußangeln. Eine Stelle kann nicht einfach an einen Bewerber vergeben, sondern muss neutral ausgeschrieben werden. So legt Uni-Präsident Schwenkmezger ("Die Angelegenheit ist Chefsache") großen Wert auf die Feststellung, dass grundsätzlich auch andere Bewerber zum Zuge kommen könnten als Junkernheinrich, der inzwischen eine Gast-Professur in Cottbus übernommen hat. Der zuständige Fachbereichsrat tat sich schwer mit der Ausschreibung, eine Mehrheit kam nur knapp zustande. Nun hat erst einmal das Verwaltungsgericht das Wort, dessen Spruch in den nächsten vierzehn Tagen erwartet wird.Und selbst wenn sich, wofür vieles spricht, die Ausschreibung auf dem Rechtsweg nicht verhindern lässt, ist das Thema noch längst nicht ausgestanden. Denn dann tritt die Kommission auf den Plan, die den künftigen Stelleninhaber aussucht. Gewähltes Kommissionsmitglied: Professor El Shagi.

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