"Ich kann nicht glauben, dass ich es gewesen bin"

Trier · Warum hat ein 33-jähriger Mann im Januar seine sechs Jahre jüngere Freundin in Kinderbeuern (Kreis Bernkastel-Wittlich) getötet? Obwohl er gestern vor dem Trierer Landgericht ein Geständnis ablegte, ist das Motiv unklar.

 Der 33-jährige Angeklagte (hier ein Archivbild vom ersten Prozesstag) hat gestern gestanden, seine Freundin getötet zu haben. TV-Foto: Friedemann Vetter

Der 33-jährige Angeklagte (hier ein Archivbild vom ersten Prozesstag) hat gestern gestanden, seine Freundin getötet zu haben. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Das, was er gemacht habe, sei nicht rückgängig zu machen, lässt der Angeklagte seinen Anwalt Andreas Ammer vorlesen. Es ist das Geständnis eines 33-Jährigen, der zugibt, im Januar seine sechs Jahre jüngere Freundin in Kinderbeuern getötet zu haben. Ein ungewöhnliches Geständnis in einem Prozess, bei dem am Ende eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten stehen könnte. Falls ihn das Gericht wegen Mordes verurteilt.
Oft raten Verteidiger Mordangeklagten zu schweigen, gar nichts zu sagen. Das Gericht muss dann zumeist langwierig nachweisen, dass der, der auf der Anklagebank sitzt, tatsächlich der Schuldige ist.
Doch trotz des von seinem Verteidiger vorgetragenen Geständnisses wird der Prozess dadurch nicht verkürzt werden. Denn der 33-jährige gelernte Koch schweigt. Fragen zu seiner Person, seinem Lebenslauf, weigert er sich zu beantworten. Auch über die Tat selbst sagt er nichts.
Doch das Gericht muss sich ein Bild machen. Von ihm. Vom Opfer. Und vor allem von dem, was sich am Abend des 17. Januar in der gemeinsamen Wohnung des Mannes und der 27-jährigen Altenpflegerin Birgit S. abgespielt hat. Dazu werden Ermittler befragt.
Zunächst, so scheint es, hat an dem Dienstag im Januar nichts auf die Gewalttat hingedeutet. Am Nachmittag soll der gebürtige Saarländer zusammen mit seiner Lebensgefährtin, mit der er seit einem halben Jahr zusammen war, und deren Freundin im Hallenbad in Zell (Landkreis Cochem-Zell) gewesen sein. Das teilt die 27-Jährige auch kurz nach ihrer Rückkehr auf ihrer Seite im Internet-Netzwerk Facebook mit. Um 21.47 Uhr soll sie den Ermittlungen zufolge dort auch noch ihrem Patenkind eine Nachricht geschrieben haben. Das letzte Lebenszeichen der aus dem sächsischen Görlitz stammenden Altenpflegerin. 40 Minuten später ist sie tot.
Getötet von ihrem Freund im gemeinsamen Bett. Angeblich wollten beide Sex. Deswegen soll er die Frau mit ihrem Einverständnis ans Bett gefesselt haben. Dann soll er sie mit seinen Händen gewürgt, danach mit einem Kabel stranguliert und ihr schließlich mit einem Messer, das im Schlafzimmer lag, in den Hals gestochen haben. Warum das? "Ich wollte sehen, ob es jetzt vorbei ist", soll er bei seiner Vernehmung durch die Polizei geantwortet haben. Er habe in Trance gehandelt.
Über das mögliche Motiv der Tat können die an diesem Morgen vom Gericht gehörten Ermittler nur rätseln. "Kein Job, kein Geld, keine Perspektiven", soll er mehrfach als Grund genannt haben. Oder war er der Frau überdrüssig, wie es die Staatsanwaltschaft vermutet? Zwei Tage vor der Tat soll er einem Freund über Internettelefon gesagt haben: "Die Alte geht mir auf den Sack."
Bei der Polizei habe er aber mehrmals beteuert, er habe sie geliebt. Sie sei "das beste Mädchen auf der Welt" gewesen.
Welche Rolle spielen Drogen?


Hat er sie womöglich im Drogenrausch getötet? Zumindest deutet Ammer das in dem von ihm vorgetragenen Geständnis an: Die Menschen sollen sehen, "was legal zu erwerbende Drogen aus Menschen machen können". Er spielt damit auf den Konsum von Kräutermischungen (Legal Highs) an, die der Mann seit Monaten rauchte. "Jeden verdammten Tag", wie er der Polizei sagte. Auch am Tag, an dem er seine Freundin tötete. Um die nicht verbotenen Mischungen zu kau-fen, brauchte der Arbeitslose Geld. Nach dem Tod der Freundin soll er deren Konto geplündert haben. Auch als die verzweifelte Freundin der Altenpflegerin, die seit Tagen nichts von der Frau gehört hatte, fünf Tage nach der Tat mit einem Zweitschlüssel in deren Wohnung ging, soll der Mann rauchend im völlig verräucherten Zimmer gesessen haben. "Ich habe sie erwürgt, sie ist schon fünf Tage tot", soll er ihr gesagt haben. Als sie gemeinsam mit zwei Bekannten die mit Silikon und einem Handtuch abgedichtete Schlafzimmertür eintrat, bestätigten sich ihre Befürchtungen. Die Frau lag tot unter einer Bettdecke.
Am Freitag wird der Prozess fortgesetzt.Extra

Die Erklärung des Angeklagten vor dem Trierer Landgericht, verlesen von seinem Anwalt Andreas Ammer: "Es gibt keine Worte, die das Leid fassen können, was ich über die Angehörigen und Freunde der von mir Getöteten gebracht habe. Entschuldigung oder Verzeihung sind viel zu wenig. Das, was ich gemacht habe, ist für mich immer noch unvorstellbar und nicht rückgängig zu machen. Ich lese immer wieder die Akten und kann nicht glauben, dass ich es gewesen bin, der Birgit umgebracht hat. Aber weil ich es gemacht habe, werde und muss ich mich diesem Verfahren stellen und meine Schuld und meine Strafe auf mich nehmen. Mir ist wichtig, dass die Menschen sehen, was legal zu erwerbende Drogen aus Menschen machen können. Dass diese Erklärung mein Anwalt vorliest, hat nichts damit zu tun, dass ich feige bin, sondern ich schaffe es einfach nicht."

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