"Ich will meine Frau wiederhaben"

Weil sie im Rausch auf ihren Ehemann eingestochen und ihn dabei schwer verletzt hat, muss eine 54-jährige Frau aus Daun (Vulkaneifelkreis) für vier Jahre ins Gefängnis. Das hat gestern das Trierer Landgericht entschieden.

Daun. Die Szenen ähneln sich. Kaum ist das Urteil gegen die Angeklagte verkündet, liegen sich die inzwischen wieder mit Handschellen gefesselte Frau und ihr Ehemann in den Armen. Ein flüchtiger Kuss, ein rascher Wortwechsel, dann dürfen auch die übrigen anwesenden Familienmitglieder die Frau umarmen, bevor sie von Justizbediensteten abgeführt wird. Es ist die gleiche Szenerie im Saal 70 des Landgerichts wie am Vortag beim Prozessbeginn.

Wäre es nach der Familie gegangen, hätte es diesen Prozess nie gegeben. Sicher: Die 54-jährige Ehefrau hat ihrem auf der Couch sitzenden Mann vor einem Jahr ein Messer in den Rücken gestoßen, Herz und Lunge dabei nur knapp verfehlt. Und danach rammte sich die mit 2,1 Promille stark alkoholisierte Frau das Messer selbst zwei Mal in den Bauch - musste anschließend notoperiert werden, um ihr Leben zu retten. Aber einen Monat später lebte das Ehepaar schon wieder zusammen, als hätte es das blutige Intermezzo nicht gegeben. Die Realität holte sie erst ein, als die Frau Anfang des Jahres wegen versuchten Totschlags verhaftet und in U-Haft gesteckt wurde. Im Untersuchungsgefängnis durfte ihr Ehemann sie erst besuchen, nachdem Verteidigerin Anne Bosch beim Oberlandesgericht erfolgreich Beschwerde eingelegt hatte.

"Ich liebe ihn", sagt die 54-Jährige im Prozess mehrfach, "ich will meine Frau wiederhaben", sagt ihr Mann. Doch das Gesetz verlangt für eine derartige Tat Sühne, auch wenn sich Opfer und Täterin längst wieder versöhnt haben. "Wir können doch nicht so tun, als sei nichts geschehen", sagt die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz fast schon entschuldigend.

Das Urteil ist moderat: Vier Jahre Haft, Unterbringung in einer Entziehungsanstalt inklusive. Geht alles glatt, ist die Angeklagte nach anderthalb Jahren wieder draußen. Und zurück bei ihrem Ehemann sowie den Kindern und Enkeln.

Vielleicht hat die aus Kasachstan stammende Frau bis dahin auch ein wenig Deutsch gelernt. Denn nach Meinung des Gerichts waren es mangelnde Sprachkenntnisse und ein dominanter Ehemann, die die Frau schon vor Jahren in die Isolation trieben und zur Flasche greifen ließen.

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