"Ich wollte endlich wieder in den Wingert"

Am 13. März 1945 rückt das 385. amerikanische Infanterieregiment in Reil ein. Margarete Roth sieht zum ersten Mal einen schwarzen Menschen, einen amerikanischen Soldaten, der ihre schönen Kupfertöpfe, die Uhr und die Münzsammlung ihres Ehemannes mitgehen lässt.

"Ich wollte endlich wieder in den Wingert"
Foto: (g_pol2 )

Dennoch - sie freut sich über die Amerikaner, jetzt ist der Krieg bald vorbei. Ihr gerade 19 Jahre alt gewordener Sohn Werner wird hoffentlich bald wieder daheim sein. Deutschland kapituliert am 8./9. Mai 1945. Werner kommt einen Monat später zu Fuß aus dem Lazarett Bad Aibling in Bayern zu Hause an: "Bis Koblenz fuhren ich und mein Kamerad Gerhard auf einem Militärfahrzeug der Amerikaner mit. Der Soldat fragte uns auf Deutsch, wohin wir Kinder wohl wollten. Wir sagten, wir kommen aus dem Lazarett. Er meinte, wir sollten schleunigst zu unseren Müttern heimkehren. Wir sahen wohl sehr abgerissen und abgemagert aus. Von Koblenz aus gingen wir zunächst an der Mosel entlang. Dort sah ich endlich unsere Moselweinstöcke wieder, die hatten die Peronospora, eine Pilzkrankheit, und ich dachte, bestimmt gibt es kein Kupfervitriol zum Spritzen. Ich wollte doch endlich wieder in den Wingert." Gerhard fand eine neue Heimat in Wengerohr bei Verwandten der Familie von Werner, seine alte Heimat und seine Familie dort existierten nicht mehr. Werner übernahm den Winzerbetrieb und bekam mit seiner Frau Hedwig sechs Kinder. Seine Kriegsverletzungen erschwerten die Arbeit, die er dennoch gerne tat. Werner starb 1995, Gerhard 2010. Erinnerungen von Margarete Roth und Sohn Werner aus Reil an der Mosel, notiert von Werners Tochter Eleonore Roth.

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