Im Land klingeln die Telefone

Die Landesregierung startet am Montag die nächste Stufe der Bürgerbeteiligung in Sachen Kommunal- und Verwaltungsreform. Rund 45 000 Haushalte im Land werden angerufen, um am Ende ein repräsentatives Ergebnis von 10 000 Bürgern zu haben. Auch im Internet kann jeder seine Meinung äußern.

Mainz. Die Kommunal- und Verwaltungsreform zählt zu den größten Reformprojekten der Landesregierung in dieser Legislaturperiode. Ziel ist, die Verwaltungen effizient, kostengünstig und bürgernah zu strukturieren. Dabei konnten die Bürger von Anfang an mitreden. In der ersten Stufe des laut Martin Stadelmaier (SPD), Chef der Staatskanzlei, "bundesweit einmaligen" Beteiligungsprozesses hätten rund 3000 Menschen bei Bürgerkongressen, Planungszellen und Regionalkonferenzen "sehr konstruktive Hinweise" gegeben. Die Ergebnisse in Form eines Bürgergutachtens wurden der Landesregierung sowie den Fraktionen im Landtag übergeben. Die parlamentarischen Beratungen laufen.

In der zweiten Beteiligungsstufe, die nach Angaben Stadelmaiers 545 000 Euro kostet, werden 1,2 Millionen Faltblätter per Post verschickt und Anzeigen in Zeitungen geschaltet. "Ihre Meinung zählt!", wirbt Ministerpräsident Kurt Beck in dem Faltblatt. "Mit ihrem Votum helfen Sie uns, gute und tragfähige Lösungen für die Verwaltung von morgen zu finden", schreibt Beck.

Ab dem kommenden Montag werden überall im Land in zufällig ausgesuchten Haushalten die Telefone klingeln. Die in einer europaweiten Ausschreibung ermittelte Marktforschungsgesellschaft "polis sinus" aus München ruft an und vereinbart Termine, um dann die Bürger 30 Minuten zu befragen. "Die Menschen sollen das Pro und Contra der Reform abwägen und aufzeigen, was sie erwarten und was nach ihrer Ansicht gut und was schlecht läuft", erläutert der Chef von "polis sinus", Walter Ruhland. Inhaltlich gehe es um drei Bereiche: "Wie bürgernah ist die Verwaltung, wie sind die Bürger an Entscheidungsprozessen beteiligt, welches Für und Wider gibt es bei der Gebietsreform?" Die Telefoninterviews sollen in sieben Wochen beendet sein. Im Sommer sollen die Ergebnisse vorliegen.

Unabhängig von der telefonischen Zufallsstichprobe kann sich jeder im Internet unter www.meinemeinungzaehlt.rlp.de äußern. Auf der Homepage der Landesregierung finden sich auch umfangreiche Informationen zum Reformvorhaben.

Roger Lewentz (SPD), Staatssekretär im Innenministerium, kündigt an, dass die Möglichkeiten der Bürger zum Mitentscheiden bei kommunalen Projekten ausgeweitet werden sollen. "Wir werden zum Beispiel die Bedingungen für Bürgerbegehren und andere Quoren verbessern." Ferner werde ein Wettbewerb für Kommunen ausgeschrieben, um Beispiele für eine gute Verwaltungsarbeit zu ermitteln.

Meinung

Strategisch kluges Vorgehen

Die Kommunal- und Verwaltungsreform ist ein Musterbeispiel dafür, wie geschickt Politiker sein können, um Menschen für sperrige Themen zu begeistern. Die Staatskanzlei hat das Projekt generalstabsmäßig geplant und lässt die Bürger umfänglich zu Wort kommen. Durch dieses strategisch kluge Vorgehen nimmt sie gleichzeitig den Kritikern den Wind aus den Segeln. Welchen Bürger interessieren zum Beispiel schon die von der CDU beklagten hohen Kosten für die Kampagne, wenn er endlich einmal mitreden kann? Die Union wird zwar weiterhin mäkeln und motzen, aber solange sie kein eigenes Konzept hat, klingt das eher unglaubwürdig. Alles prima also? Noch nicht ganz! Entscheidend für die Akzeptanz der Reform sind deren Ergebnisse. Darin müssen sich die Bürger wiederfinden. f.giarra@volksfreund.de

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