Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Rheinland-Pfalz

Mainz/Trier · Wohin mit 15.000 Flüchtlingen? Einfallsreichtum ist gefragt, denn den rheinland-pfälzischen Kommunen geht der Platz aus. Vor allem Städte klagen über Probleme, Asylbewerber unterzubringen.

Die zahlreichen Konflikte weltweit haben den Strom an Flüchtlingen beträchtlich anwachsen lassen - das spürt auch Rheinland-Pfalz. Im vergangenen Jahr kamen rund 10.000 hilfesuchende Menschen ins Land, in diesem Jahr wird mit bis zu 15.000 gerechnet. Die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Trier platzt aus allen Nähten, die Außenstelle in Ingelheim ist auch nicht groß genug. Die Kommunen suchen händeringend nach Unterkünften für Flüchtlinge, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Im ländlichen Kreis Bernkastel-Wittlich steigen die Flüchtlingszahlen. Von Oktober bis Ende 2014 kletterte die Zahl der Menschen, die kreisweit in Wohnungen untergebracht wurden, von knapp 400 auf rund 460. "Wir gehen für dieses Jahr von einer weiteren Steigerung aus", sagte ein Sprecher der Kreisverwaltung in Wittlich. Die meisten Menschen stammten aus Balkan-Staaten und afrikanischen Ländern.

In Trier werden indes derzeit nur vereinzelt Flüchtlinge nach dem Beginn des Asylverfahrens untergebracht, da die Stadt die landesweit zentrale Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) beherbergt. "In Trier bleiben sie nur, wenn Familien zusammengeführt werden", sagte Afa-Leiter Frank-Peter Wagner. Im Haupthaus der Afa in Trier wohnen derzeit rund 900, in einer Außenstelle etwa 400 Menschen. Es könne aber sein, dass im Laufe des Jahres das "Quotenplus" für Trier verbraucht sei - und dann auch Flüchtlinge dorthin verteilt würden, sagte Wagner.
Spezielle Einrichtungen werden für sogenannte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gebraucht. Sie dürfen per Gesetz nicht in den gleichen Unterkünften wie Erwachsene wohnen. 2013 gab es in Rheinland-Pfalz knapp 160 dieser unbegleiteten Minderjährigen. Ein Jahr später waren es schon etwa 390 - und die Zahl wird weiter steigen, wie Rudi Weber vermutet. Er ist Geschäftsführer einer Einrichtung für diese jungen Menschen in Bad Kreuznach, die am 1. Januar ihre Arbeit aufgenommen hat.

Dort wohnen die Kinder und Jugendlichen für die ersten Wochen bis geklärt ist, wo sie im Land untergebracht werden können. Die Kreuznacher Einrichtung unterstützt damit das Partnerhaus in Niederwörresbach (Kreis Birkenfeld). Das ist inzwischen zu klein, um der wachsenden Zahl an Ankömmlingen gerecht zu werden.

Beispiel Mainz: Dort leben derzeit rund 860 Flüchtlinge, in diesem Jahr kommen voraussichtlich 600 weitere. Und das in einer Stadt, in der die Wohnungsnot ohnehin schon ein Thema ist. Platz finden die Flüchtlinge derzeit in sechs Gemeinschaftsunterkünften, eine weitere soll ab Mai hinzukommen. Ergänzt wird das Angebot durch zwei Notunterkünfte - eine davon ist eine ehemalige Schulturnhalle. Weitere Möglichkeiten prüft die Stadt und arbeitet dabei etwa mit der Bundeswehr zusammen. Die könnte zwei Kasernengebäude zu Verfügung stellen.

Auch Koblenz im Norden braucht bald mehr Platz. Noch kann die Stadt die rund 640 Asylbewerber unterbringen. Für sie gibt es zunächst dezentrale Übergangswohnungen. Sobald eine andere Bleibe gefunden ist, heißt es: Umziehen. Das wird allerdings immer schwieriger: "Noch reichen die Wohnungen aus, doch die Zeitspanne in den Übergangswohnungen steigt an. Dies ist ein Hinweis auf ein sich verknappendes Angebot auf dem Wohnungsmarkt", sagte Stadtsprecher Thomas Knaak.

Nun soll ein Bürogebäude für neue Übergangswohnungen umgebaut werden. Weitere Gebäude sind im Gespräch, denn die Zahl der Flüchtlinge in Koblenz ist deutlich gestiegen. In den vergangenen beiden Jahren wuchs sie von 459 - und einem zwischenzeitlichen Hoch von 713 Ende 2014 - auf nun etwa 640. "Bitte aus der aktuellen Zahl keine Trendumkehr vermuten", betonte Knaak. "Es kann sein, dass Flüchtlinge von Koblenz auf andere Kommunen verteilt wurden, dass sie nun eine andere Sozialleistung beziehen oder einer Arbeit nachgehen und deshalb aus dem Bezug und damit aus der Statistik fallen", sagte der Stadtsprecher.

Auch Ludwigshafen muss mit steigenden Zahlen zurechtkommen. Die Stadtverwaltung rechnet damit, dass in diesem Jahr mindestens 600 Flüchtlinge kommen, das wären deutlich mehr als die 436 im vergangenen Jahr. Wegen des Zustroms seien die Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber maximal belegt, sagte eine Sprecherin der Stadt. Das gelte auch für städtische Wohnungen, in denen normalerweise Obdachlose untergebracht werden.

"Die Stadt Ludwigshafen richtet derzeit noch die letzten freiwerdenden Wohnungen in städtischer Hand für eine Unterbringung her", sagte sie. Zudem werde ein ehemaliges Jugendgästehaus umgebaut, und es sollen Privatwohnungen angemietet werden. Auch eine Gemeinschaftsunterkunft aus Containern steht auf der Agenda. Diese sind vermutlich von Herbst an bezugsfertig.

Mehr Luft ist dagegen in Pirmasens: Nach städtischen Angaben gibt es noch keine Probleme, geeignete Räume zu finden. "Es herrscht keine Raumnot, der die Stadt abhelfen müsste", teilte Sabine Reiser von der Pressestelle mit. Die Flüchtlinge werden bisher dezentral in Wohnungen untergebracht. Zentrale Unterkünfte mussten nicht eingerichtet werden, obwohl auch in Pirmasens die Zahl der Flüchtlinge Reiser zufolge zuletzt deutlich zugenommen hat. In diesem Jahr werden etwa 150 Erstantragsteller erwartet. Im vergangenen Jahr waren 128 Flüchtlinge in die Stadt gekommen.

Gemeindebund: Aufnahme von Flüchtlingen stellt Städte und Kreise im Land vor große Herausforderungen

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort