Pflege Dieser Weg wird kein leichter sein

Trier/Mainz · Roboter oder ein neues Schulfach? Die CDU im Land suchte nach Antworten, was gegen den Fachkräftemangel in der Pflege hilft.

 Wo geht’s lang? Über die Pflege im Jahr 2030 gibt es viele Gedankenspiele.

Wo geht’s lang? Über die Pflege im Jahr 2030 gibt es viele Gedankenspiele.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Er ist 1,20 Meter groß, hat kugelrunde Augen und bewegt sich auf Rollen auf die Menschen zu. Kommt Roboter Pepper bald in allen deutschen Pflegeheimen zum Einsatz, unterhält Bewohner mit Musik und Pantomime oder leitet zu Bewegungsübungen an? Was Seniorenheime in Deutschland bislang nur sporadisch testen, gehört in Japan bereits zum Alltag. Dort ist Pepper bereits auf dem Markt und unterhält Senioren zum Beispiel mit Tai-Chi oder Ratespielen. Und das Land in Fernost will nachlegen, weiter in Roboter und künstliche Intelligenz in der Pflege investieren, weil die Gesellschaft so rasant altert wie in keinem anderen Industrieland und bis 2025 rund 370 000 Arbeitskräfte in der Branche fehlen sollen – Einwanderung von Fachkräften hin oder her.

Rosig sieht auch die Lage in Rheinland-Pfalz nicht aus. Mehr als 2900 Altenpfleger sollen im Land bis 2035 fehlen. Einen Weg, die Not aufzufangen, sieht der Trierer Forscher Ingo Timm in der künstlichen Intelligenz. „Künstliche Intelligenz ist nicht das Allheilmittel, das die Pflege revolutioniert. Sie kann aber dazu beitragen, das Fachkräfteproblem in den kommenden Jahren enorm zu mildern“, sagt der Professor der Trierer Uni. Es sei nicht absehbar, welche Pflege Menschen in Jahrzehnten überhaupt wünschen, meint Timm. „Möglicherweise haben pflegebedürftige Menschen in wenigen Jahrzehnten eine geringere Hemmschwelle, sich von Technik helfen zu lassen, weil sie digital aufgewachsen sind.“ Timm, der selber zur künstlichen Intelligenz in der Pflege in Trier forscht, sagt: „Wir müssen in den nächsten Jahren die technischen Möglichkeiten schaffen, um bei der Pflege zuversichtlich in die Zukunft schauen zu können.“

Bei einem Modell wie Japan zeigt sich Timm wiederum gespalten. „Japan ist ein großes Vorbild, wenn es um die Pflegeroboter geht. Dort erleben wir aber auch eine starke Entsolidarisierung der Gesellschaft und eine Veränderung der Sozialstruktur. Ältere Menschen vereinsamen.  Eine autonome Betreuung durch einen Roboter alleine darf in Deutschland nicht die Lösung sein“, meint er. „Roboter könnten Pflegebedürftigen aber beim Aufstehen, Waschen und Anziehen helfen und so Pflegekräfte vor einer Überlastung schützen“, meint Timm. Die Technik ermögliche all diese Wege.

Der Trierer Wirtschaftsinformatiker trug zu den Visionen jüngst auch bei der rheinland-pfälzischen CDU vor, die sich eine Woche lang um die Frage kümmerte, wie Pflege sich verbessern lässt. Mehr auf Digitales zu setzen, ist nur ein Vorschlag, der aufkam, um Fachkräftemangel zu stoppen.

Der Bundestagsabgeordnete Andreas Steier fordert wiederum, Pflege bereits in der Schule zum Thema zu machen, um Nachwuchskräfte zu gewinnen. Umstrittener ist das Vorpreschen des pflegepolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Michael Wäschenbach, der anregt, die vorgeschriebene Quote von 50 Prozent an Pflegefachkräften in stationären Einrichtungen zu senken. „Es braucht nicht bei allen Aufgaben – wie dem Anreichen des Essens – examinierte Kräfte“, findet er. Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) widerspricht. „Wir werden den Fachkraftanteil von 50 Prozent auf keinen Fall im Sinne eines Qualitätsdumpings senken. Aber wir bieten den Einrichtungen ausgehend von ihrem Konzept an, auch andere Fachkräfte bei dieser gesetzten Quote zu berücksichtigen.“ Das könnten auch Hauswirtschafter, Sozialpädagogen und Physiotherapeuten sein.

Markus Mai, Präsident der Landespflegekammer, warnt davor, die Quote ersatzlos zu streichen und Qualität zu schmälern. „Je besser das Personal ausgebildet ist, desto besser sind die Ergebnisse“, glaubt der Trierer. Er spricht sich dafür aus, Pfleger besser zu bezahlen. 4000 Euro brutto verlangt Mai. Alleine in Luxemburg verdienen Pfleger pro Jahr im Schnitt 94 000 Euro, was Kräfte eher über die Grenze lockt.

Wäschenbach fordert auch mehr Einwanderung von ausländischen Fachkräften nach Deutschland. Visen müssten dafür schneller anerkannt, mehr Plätze für Weiterbildungen angeboten werden. Geht es nach Regine Schuster von der rheinland-pfälzischen Pflegegesellschaft, reiche das künftig aber trotzdem nicht aus für eine hundertprozentige Versorgung, weil die Gesellschaft immer älter werde. Sie wirbt auch für alternative Modelle wie Wohngemeinschaften in Dörfern, die das Land fördert. Daran beteiligen sich auch die Eifelorte Bleialf und Dockweiler. Das Gesundheitsministerium will heute über das Projekt informieren. Mit Material von dpa

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