Querdenker und Reichsbürger Innenminister Lewentz zu Anschlagsplänen: „Das ist Rechtsterrorismus“

Mainz · Sprengstoffanschlag, Entführung, Umsturz: Die Pläne der Chatgruppe „Vereinte Patrioten“ waren offenbar sehr konkret. Innenminister Roger Lewentz spricht von „Rechtsterrorismus“ in Rheinland-Pfalz. Mit einem verdeckten Ermittler als Waffenverkäufer war der Polizei ein Schlag gegen die Gruppe gelungen.

 Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) bewertete die Anschlagspläne politisch als „Rechtsterrorismus“.

Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) bewertete die Anschlagspläne politisch als „Rechtsterrorismus“.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Es war bereits der zweite große Schlag der Behörden binnen einer Woche. Zunächst hatte es Anfang April eine Razzia und Festnahmen bei Mitgliedern der verbotenen rechtsextremen Vereinigung „Combat 18 Deutschland“ gegeben. Nun nahm das Landeskriminalamt am Mittwoch Mitglieder einer Chatgruppe namens „Vereinte Patrioten“ hoch. Schwerpunkt der Durchsuchungen: Rheinland-Pfalz mit 80 Polizisten im Einsatz.

Die Beamten schlugen am Mittwoch bei einer Waffenübergabe zu. Ein verdeckter Ermittler hatte sich als Waffenverkäufer ausgegeben und einen Teil der bestellten Waffen - darunter Sturmgewehre - übergeben. Kurz darauf nahm die Polizei die zwei Hauptverdächtigen im Alter im Alter von 54 und 55 Jahren aus Neustadt an der Weinstraße sowie dem brandenburgischen Falkensee fest. Für die gesamte Menge der bestellten Waffen hatte der Gruppe wohl das Geld gefehlt.

Explosionsfähige Stoffe und Stahlkugeln gefunden

Dass die Ermittler selbst vorübergehend als Waffenlieferant fungierten, bezeichnete LKA-Präsident Johannes Kunz als „Weg, der am ehesten Gewähr dafür bot, den Waffenverbleib unter Kontrolle zu behalten“. Man habe aber nicht versucht sie „zu locken“, die Beschuldigten hätten aktiv nach Waffen gesucht, ergänzte der Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer. Im Anschluss an die Festnahme durchsuchte die Polizei die insgesamt 21 Objekte. Die Ermittler stellten eine Vielzahl an Waffen sicher, darunter 15 Langwaffen, eine Kriegswaffe, explosionsfähige Stoffe im Kontext mit Stahlkugeln und eine „sehr große Anzahl an Munition“.

Dem Zugriff am Mittwoch waren monatelange Ermittlungen der LKA-Abteilung zur politisch motivierten Kriminalität vorausgegangen. Bereits im Oktober hatte die Koblenzer Generalstaatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zuvor hatte man das Verhalten der Gruppe auf Telegram beobachtet. Konkreter wurden die Pläne offenbar nun durch den Waffenkauf.

Verbindendes Element: Hass gegen die Demokratie

Die Gruppe der Unterstützer umfasst etwa 70 Personen. Vier Personen gehörten zum engen Kreis, acht Personen werden ebenfalls beschuldigt, hinzu kommen viele potenzielle „Zeugen“. Nach Angaben des LKA standen die Beteiligten neben den Chats teilweise auch in persönlichem Kontakt. Es handele sich um Reichsbürger, Verschwörungstheoretiker, Corona-Leugner und vereinzelt auch Mitglieder der rechten Szene - einige davon schon polizeibekannt, sagte LKA-Präsident Kunz am Donnerstag. Das verbindende Element sei ihr Hass gegen die Demokratie gewesen.

Reichsbürger dachten, sie seien im Krieg

Einige Mitglieder der Gruppe gingen davon aus, dass man sich noch im Deutschen Reich aus dem Jahre 1871 und damit im Krieg befände, so Kunz. Deshalb leugneten sie die Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Im Fokus der Gruppe stand daher auch ein Umsturz der Regierung. Kunz zitierte aus einem der Chats: Man wünsche sich, dass Putin nicht nur in die Ukraine einfalle, sondern auch in Deutschland.

Innenminister „Wir dulden keine rechten Gewalttäter“

Innenminister Roger Lewentz fand am Donnerstagnachmittag deutlich Worte für das, was Polizei und Staatsanwaltschaft an Ergebnissen präsentiert hatten. Seine politische Bewertung: „Das ist Rechtsterrorismus“. Wer Kriegswaffen besitze, Anschläge plane und einen Systemumsturz anstrebe, müsse die Konsequenz und „volle Härte des Staates“ spüren. „Wir dulden keine rechten Gewalttäter und Verfassungsfeinde“, sagte Lewentz. Und diese Gruppe habe offenbar nicht davor zurückgeschreckt, sich zu bewaffnen und Anschläge zu planen. Der Innenminister sei daher dankbar über die sehr erfolgreiche Ermittlungsarbeit aus Rheinland-Pfalz - „unsere Sicherheitsarchitektur“ funktioniert. Insbesondere die Querdenker stünden seit einigen Monaten unter besonderer Beobachtung, sagte Lewentz.

Aktion Klabautermann

Auch Karl Lauterbach (SPD) war offenbar ein Ziel der Gruppe. Unter dem Codenamen „Klabautermann“ planten die Mitglieder eine Entführung des Politikers. Es ist nicht die erste Anfeindung gegen Lauterbach - immer wieder hatte er von Beschimpfungen und Mordaufrufen gegen ihn berichtet. Die Planung der Entführung der Gruppe „Vereinte Patrioten“ war nach Angaben des LKA bis auf Orts- und Zeitangaben allerdings sehr konkret. Man habe deshalb auch mit Lauterbachs Sicherheitspersonal in Kontakt gestanden.

Lauterbach selbst zeigte sich am Donnerstag am Rande eines Klinikbesuchs in Schleswig-Holstein „bestürzt“ über die Berichte zu einem möglichen Entführungsplan. Er bedankte sich bei den ermittelnden Behörden und dem Bundeskriminalamt „für den guten Schutz und die Überwachung. Davon habe ich offensichtlich profitiert und dafür bin ich sehr dankbar“, sagte er.

Lauterbach will „weitermachen wie bisher“

Der Vorgang zeige, dass sich die Corona-Proteste nicht nur radikalisiert hätten, sondern dass es mittlerweile auch darum gehe, den Staat und die Demokratie zu destabilisieren, sagte Lauterbach. Der Minister sprach von einer kleinen Minderheit in der Gesellschaft, die aber „hochgefährlich“ sei. Seine Arbeit werde das nicht beeinflussen - „ich werde weitermachen wie bisher“.

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