"Jeder Rechtsextremist ist einer zu viel"

Mainz · Im Kampf gegen den Rechtsextremismus verspricht sich der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) Erfolge durch ein Verbot der NPD. Mit Minister Lewentz sprach unser Redakteur Frank Giarra.

Herr Lewentz, hat der Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz zugenommen?
Lewentz: Der Rechtsextremismus zeigt sich in unterschiedlicher Intensität in allen Bundesländern, so auch in Rheinland-Pfalz. Seit Jahren sind wir im Ländervergleich, wenn man dies als Indikator nimmt, vergleichsweise weniger stark betroffen. Entwarnung bedeutet dies aber nicht. Es bleibt dabei: Jeder Rechtsextremist ist einer zu viel!

Welche Ausprägungen des Rechtsextremismus gibt es nach Ihren Erkenntnissen im Land?
Lewentz: In Rheinland-Pfalz zeigt sich der Rechtsextremismus in nahezu allen Erscheinungsformen. Von subkulturell geprägten, lose strukturierten Rechtsextremisten über Neonazis in sogenannten Kameradschaften bis hin zu organisierten Rechtsextremisten der NPD. Zwischen diesen gibt es übrigens keine festen formalen Verbindungen, aber: Man kennt sich, pflegt Kontakte und hilft sich untereinander.

Sind Rechtsextreme gewaltbereiter geworden?
Lewentz: Auch wenn Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Gewalttaten im Bundesvergleich kein Brennpunkt ist, gilt: Jedes Jahr begehen Rechtsextremisten Gewalttaten. Ein trauriger Beleg, dass aus menschenverachtenden Worten Taten wurden. Diese Gewalt, egal in welcher Intensität, egal in welcher Größenordnung, gilt es zu bekämpfen.

Mit welchen Maßnahmen begegnet das Innenministerium dem Rechtsextremismus? Lewentz: Die ganze Landesregierung sieht sich der entschiedenen Bekämpfung des Rechtsextremismus verpflichtet. Unsere vielfältigen Maßnahmen fußen auf den Eckpfeilern umfassende Prävention, konsequentes Einschreiten und Hilfen für Ausstiegswillige. In diesem Sinne wurde eine ganze Reihe von Programmen und Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Diese setzen bereits sehr früh an, wenn es beispielsweise darum geht, Lebensbedingungen junger Menschen zu verbessern. Ich nenne das Stichwort Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Weitere Maßnahmen dienen der Demokratie- und Wertevermittlung, der Verbesserung der Integration. Viele Stellen leisten zudem eine vorbildliche Aufklärungsarbeit, so die Landeszentrale für politische Bildung und der Verfassungsschutz. Das Landesjugendamt führt ein Aussteigerprogramm, das zwischenzeitlich um weitere Module wie eine Elterninitiative, eine Opferberatung und ein Internetportal ergänzt wurde.

Stehen Rechtsradikale und besonders die NPD in RLP seit den Ereignissen um das Zwickauer Neonazi-Trio unter verschärfter Beobachtung?
Lewentz: Der Rechtsextremismus war, ist und bleibt ein herausragender Beobachtungsschwerpunkt des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes.

Verschiedene Landespolitiker befürworten ein Verbot der NPD. Wie stehen Sie dazu?
Lewentz: Ich sage seit langem: Ein Verbot macht Sinn und ist geboten. Die Ideologie der NPD ist menschenverachtend, fremdenfeindlich, antisemitisch und antidemokratisch. Und trotzdem genießt sie nach wie vor den verfassungsrechtlichen Schutz einer zugelassenen Partei - etwa bei Veranstaltungen und Versammlungen. Diesen Schutz verliert die NPD bei einem Verbot und erhält zudem als Partei dann auch kein Geld vom Staat, also kein Bürgergeld mehr. Dabei ist mir wichtig: Wir setzen mit einem Verbotsantrag ein Zeichen, wir bekennen uns. Ich begrüße es, dass die Opposition hier im Land nun umgeschwenkt ist.

Hätte ein NPD-Verbot, für das es in der Vergangenheit schon einen Anlauf gab, diesmal mehr Aussicht auf Erfolg? Oder was müsste geschehen, damit es erfolgreich durchgefochten werden könnte?
Lewentz: Wir werden dann erfolgreich sein, wenn - es sieht inzwischen ja danach aus - wir uns alle einig sind und auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sorgfältig beachten. Ich denke, wir in Rheinland-Pfalz haben die Vorgaben des obersten Gerichts erfüllt, da wir keine V-Leute in den Führungspositionen haben.

Fürchten Sie nicht, dass die Mitglieder der NPD nach einem Verbot ihre Aktivitäten im Untergrund entfalten könnten?
Lewentz: Wer in den Untergrund geht, will Straftaten begehen; dies macht man, egal ob ein NPD-Verbot besteht oder nicht. Ich bin mir auch bewusst, dass ein Verbot nicht das wirre Denken aus den Köpfen dieser Menschen vertreibt. Aber wir können verhindern, dass unter dem Schutz des Parteiengesetzes andere in den braunen Sumpf gezogen werden. Ein Verbot würde der Partei diese Privilegien nehmen und die rechtsextreme Szene empfindlich schwächen.

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