Familie Jetzt schiebt sie an!

Trier/Mainz · Anne Spiegel will Familien entlasten. Was der Landesministerin vorschwebt, nennt die CDU aber „ambitionslos und verzagt“.

 Mutter und Ministerin: Anne Spiegel schiebt am Rande einer Sitzung im Bundesrat einen Kinderwagen über den Flur. Die Grünen-Politikerin will Familien helfen, die über hohe zeitliche Belastung klagen. In einem Wettbewerb fördert das Land Kommunen für kluge Konzepte.

Mutter und Ministerin: Anne Spiegel schiebt am Rande einer Sitzung im Bundesrat einen Kinderwagen über den Flur. Die Grünen-Politikerin will Familien helfen, die über hohe zeitliche Belastung klagen. In einem Wettbewerb fördert das Land Kommunen für kluge Konzepte.

Foto: dpa/Jens Büttner

Wenn Vater und Mutter zur Arbeit pendeln müssen, düsen sie meist frühmorgens mit dem Auto los. Schüler, die auf dem Dorf leben, hetzen dagegen weit vor der ersten Stunde zum Bus, um pünktlich anzukommen. Was in solchen Fällen verlorengeht, sind gemeinsame Momente in der Familie. 55 Prozent aller Eltern minderjähriger Kinder beklagen, zu wenig Zeit zu haben. Die rheinland-pfälzische Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) will das ändern – und dafür kämpfen, dass Arbeitgeber, Kindergärten, Schulen, Ärzte oder Nahverkehr familienfreundlicher ticken.

Das Land schreibt einen Wettbewerb aus, in dem Kommunen Konzepte für eine kluge Zeitpolitik entwickeln können. Jede prämierte Kommune will das Ministerium im kommenden Jahr mit 15 000 Euro fördern. 150 000 Euro stellt das Land dafür im Haushalt ein. „Viele junge Mütter und Väter befinden sich in der Rush-Hour ihres Lebens. Ihnen fehlt schlicht und einfach Zeit“, sagt Spiegel, selber Mutter von vier Kindern, die ihr jüngstes Kind vor einigen Wochen in den Bundesrat mitbrachte. Zugleich will die Ministerin Familien entlasten, in denen immer häufiger beide Elternteile arbeiten.

In einer Studie des Wirtschaftsunternehmens Prognos, die das Land in Auftrag gegegeben hat, beklagen Eltern zu starre Kita-Öffnungszeiten von acht bis 16 Uhr. Diese erschwerten es Pendlern, ihr Kind pünktlich abzuholen. In kleinen und mittelständischen Unternehmen fehle es ferner an Möglichkeiten zu Gleitzeit und Home Office. Besonders, wenn das Kind krank sei, werde das zum Problem. Für den ländlichen Raum nennt die Studie weite Fahrten zu Kinderärzten, Bankfilialen und Krankenkassen als Hindernisse, die Familien Zeit raubten.

Über Pilotregionen zeigten die Forscher, wie sich Belastungen in Rheinland-Pfalz unterscheiden. Aus der Region Trier wählten sie den Kreis Trier-Saarburg aus. Auffällig dort: Durch viele Berufspendler nach Luxemburg besteht eine hohe Nachfrage an Bussen zwischen dem Kreis und dem Nachbarland. In Kitas fehle es oft an mehrsprachigen Erziehern, Öffnungszeiten reichten oft nicht aus, Großeltern müssten oft einspringen.

Die Studie lobt den Kreis aber dafür, familienfreundliche Politik zu betreiben. Als Vorbild, um Familien zu unterstützen, nennt Spiegel das Jugendtaxi in Trier-Saarburg, das es jungen Menschen über einen Kreiszuschuss ermöglicht, am Wochenende von Veranstaltungen günstig und sicher nach Hause zu kommen. In der Verbandsgemeinde Katzenelnbogen (Rhein-Lahn-Kreis) hebt die Studie wiederum eine Kindertagespflege hervor, die lokale Betriebe und Kommunen gegründet haben.

Vorbilder wie diese will Spiegel stärker fördern. Morgen, Mittwoch, will das Ministerium Bürgermeister und Landräte informieren. Spiegel regt Zeitlotsen für Kommunen an, bei denen die Fäden zu Projekten zusammenlaufen könnten. Der Etat für Familienpolitik soll von gut einer Million Euro auf 1,98 Millionen Euro im Jahr 2020 steigen.

 Anne Spiegel spricht  im Landtag in Mainz.

Anne Spiegel spricht im Landtag in Mainz.

Foto: Fredrik Von Erichsen

Kritik äußert Simone Huth-Haage von der CDU-Fraktion im Mainzer Landtag. Bei familiengerechter Zeitpolitik dürfe es nicht mehr um neue Projekte, sondern um eine Umsetzung gehen. „Es ist erschreckend, wie ambitionslos und verzagt hier agiert wird“, tadelt Huth-Haage die rot-gelb-grüne Landesregierung.

Die CDU-Politikerin kritisiert auch die neue Webseite des Landes (www.ratgeberfamilie.rlp.de), die einen Überblick über alle Familienangebote liefert. Besser wäre eine App gewesen, findet Huth-Haage.

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