Kaltblütiger Mord oder spontane Affekt-Tat?

TRIER. Mit den Plädoyers von Anklage und Verteidigung ist der Prozess gegen den 39-jährigen Detlef L. in die entscheidende Phase gerückt. Das Schwurgericht will am Dienstag das Urteil verkünden.

Am siebten Verhandlungstag standen zunächst die wissenschaftlichen Gutachten im Blickpunkt. Dabei gelang es dem Angeklagten nicht, die Widersprüche, die der medizinische Gutachter in seiner Darstellung nachgewiesen hatte (der TV berichtete), aufzuklären. Detlef L. konnte oder wollte sich nicht erinnern, da half auch die nachdrückliche Mahnung ("Eiern Sie bitte nicht so rum, wir wollen Butter bei die Fische") der Kammervorsitzenden Irmtrud Finkelgruen wenig.Der psychiatrische Gutachter Professor Johann Glatzel vermochte für die Gedächtnislücken des Angeklagten keine medizinische Ursache zu erkennen. Generell diagnostizierte er bei Detlef L. weder unterdurchschnittliche intellektuelle Fähigkeiten noch eine schwerwiegende psychische Störung oder eine höchstgradige Erregung, die sein Handeln zum Tatzeitpunkt unkontrollierbar gemacht hätten. Auch die vorhandene Alkoholabhängigkeit und der Bier-Konsum vor der Tat begründeten, so Glatzel, keine Strafmilderung oder gar einen Strafausschluss.

Damit gab er deutliche Fingerzeige für die Urteilsfindung. Bei der Suche nach möglichen Beweggründen für die Tat konnte er dem Gericht dagegen kaum helfen, das Gutachten blieb vage. Von Indizien für eine "sexuelle Devianz" (Abweichung) sprach der Psychiater und von einer möglichen "polymorphen (vielgestaltigen) sexuellen Perversion". Gleich im nächsten Satz wies er allerdings darauf hin, diese Einschätzungen seien "durch objektive Befunde nicht bewiesen". So zog es Staatsanwalt Eric Samel vor, sich in seinem Plädoyer überwiegend auf die "nicht wegzudiskutierenden" Fakten des medizinischen Gutachtens zu stützen. L.'s Darstellung einer spontanen Tat und einer aus Verzweiflung vorgenommenen Zerstückelung der Leiche sei nicht haltbar. L. habe "die Ahnungs- und Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt" und damit das Mordmerkmal der Willkür "in geradezu klassischer Weise" erfüllt. Danach sei er "umsichtig, zielgerichtet und mit einer gewissen Form von Kaltblütigkeit" an die Verschleierung seiner Tat gegangen. Die Widersprüche in L.'s Aussagen stufte Samel als "Schutzbehauptungen" ein.

"Es muss eine gerechte Strafe sein"

Von dem zunächst zusätzlich angeklagten Mordmerkmal einerSexualtat nahm Samel Abstand. Das habe sich "trotz objektiver Befunde letztlich nicht klären lassen". Um so überraschender, dass die Anklage diesen von ihr selbst offenbar als zu dünn eingestuften Punkt am Ende doch wieder ins Feld führte, ausgerechnet, um die Feststellung der "besonderen Schwere der Schuld" zu beantragen - was für den Angeklagten eine massive Verschärfung der lebenslänglichen Strafe (Eine Begnadigung ist erst viel später möglich) zur Folge hätte.

Verteidiger Paul Greinert sah dagegen "nicht einmal eine Tötungsabsicht von Anfang an" als bewiesen an, geschweige denn einen heimtückischen Mord. Sein Mandant habe "im Affekt eine Spontan-Tat begangen". Er habe seine insgeheim gehegten Hoffnungen in Richtung des Opfers enttäuscht gesehen, nachdem Martina K. eine zuvor getroffene Verabredung zum Pizza-Essen absagte. Detlef L. fordere selbst, dass er bestraft werden müsse. "Aber das muss eine gerechte Strafe sein", so Greinert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort