Katholiken feiern ihre beiden neuen Heiligen

Vatikansstadt · Die katholische Kirche hat zwei neue Heilige. Bei einer großen Messe mit rund 800 000 Teilnehmern auf dem Petersplatz und in den umliegenden Straßen hat Papst Franziskus am Sonntag seine Vorgänger Johannes XXIII. (1958-1963) und Johannes Paul II. (1978-2005) offiziell in das Verzeichnis der Heiligen eingetragen.

Vatikansstadt. Hunderttausende Katholiken ehren die beiden neuen Heiligen der katholischen Kirche: Für die Messe mit 150 Kardinälen, 1000 Bischöfen und 5000 Priestern verließ auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. (2005-2013) seine Klausur im Vatikan und trat zum zweiten Mal seit seinem Rücktritt vor gut einem Jahr in die Öffentlichkeit. Der 87-Jährige gehörte zu den sechs Konzelebranten der Messe, trat aber nicht an den Papstaltar, sondern begleitete die zweistündige Zeremonie von seinem Sessel neben den Kardinälen aus. Das war wohl nicht nur seinem Alter geschuldet, sondern vielleicht auch dem Wunsch, mögliche Irritationen über zwei Päpste am Altar zu vermeiden.
Es war der besondere Wunsch von Franziskus, seinen direkten Vorgänger dabeizuhaben - und die beiden sehr unterschiedlichen Päpste Johannes XXIII. und Johannes Paul II. bei einer Feier gemeinsam zur Ehre der Altäre zu erheben. Beide seien mutige Männer gewesen, die die Tragödien des 20. Jahrhunderts erlebt hätten, von ihnen aber nicht überwältigt worden seien, betonte Franziskus in seiner Predigt.Beitrag zum Frieden


Beide hätten sich in Zusammenarbeit mit dem Heiligen Geist bemüht, die Kirche "entsprechend ihrer ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen und zu aktualisieren", umriss er die Gemeinsamkeiten. Beide hätten unauslöschlich zur Entwicklung der Völker und zum Frieden beigetragen. Franziskus würdigte Johannes XXIII. als Papst des Konzils, der die Kirchenversammlung in Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist einberufen habe. Den Polen Johannes Paul II. bezeichnete er als den "Papst der Familie" - vielleicht etwas überraschend, weil andere Aspekte wie etwa seine Missionstätigkeit durch die Reisen oder seine "politischen" Erfolge für Frieden und Freiheit unbenannt blieben. Der Wojtyla-Papst solle die Kirche bei den beiden nächsten Bischofssynoden zur Familienseelsorge in besonderer Weise vom Himmel aus begleiten und unterstützen, so Franziskus.
Die Heiligsprechung der beiden Päpste war für die Kirche zweifellos das "Ereignis des Jahres". Die 1,2 Milliarden Mitglieder zählende Weltkirche hat zwei neue Heroen, deren Erhebung der Vatikan in einer symbolkräftigen Zeremonie proklamierte. An der Feier wirkten auch zwei Frauen mit, die - medizinisch unerklärlich - auf Vermittlung des heiligen Wojtyla-Papstes geheilt wurden. Die Weltkirche feierte zugleich ein internationales Ereignis. Auf dem Petersplatz wie rund um zahlreiche Riesenbildschirme an Knotenpunkten der Stadt sah man Fahnen, Transparente und Spruchbänder aus aller Welt. Besonders dominierten die rot-weißen Banner aus Polen.Strapaziöse Nachtreisen


Die Landsleute des neuen Heiligen hatten zum Teil strapaziöse Nachtreisen per Bus auf sich genommen, um bei der Feier dabeizusein.
Mehr als 100 politische Delegationen mit Monarchen, Präsidenten, Regierungschefs und Ministern belegten das Ansehen, das die beiden Kirchen-Heroen in der Politik genießen.
Die Stadt Rom, die ihrerseits eine Teilnehmerzahl von einer Millionen nannte, hat die Mammutveranstaltung mit Routine bewältigt. Immerhin konnte sie in den vergangenen Jahren immer wieder Erfahrung mit Organisation und Sicherheitstechnik beim Umgang mit Menschenmassen sammeln: etwa 2011 bei der Seligsprechung von Johannes Paul II. oder 2013 zum Pontifikatswechsel. Die Lenkung der Pilgerströme, die schrittweise Absperrung und Öffnung von Straßenzügen und Stadtvierteln, die Sicherung der VIPs wie auch die medizinische Betreuung verliefen weitgehend reibungslos.
Fast ein Wunder war unterdessen, dass den Teilnehmern die prognostizierten Unwetter erspart blieben. Am Samstagabend fiel kurz etwas Regen; auch bei der Papstmesse am Sonntag gab es nur wenige Tropfen. Das Kirchenereignis wurde zu einer friedlichen Invasion, zu einem großen bunten Fest, das Papst Franziskus mit einer Fahrt im offenen Papamobil über den Petersplatz abschloss. Rom war wieder mal Mittelpunkt des (katholischen) Erdkreises.Extra

Gebannt lauschten am Sonntag Tausende Menschen den Worten des Papstes. Um kurz nach zehn Uhr verlas der Chef der katholischen Kirche auf dem Petersplatz in Rom besondere Worte. Damit sagte er: Zwei meiner Vorgänger gelten ab sofort als heilig. Die Heiligsprechung ist in der katholischen Kirche ein wichtiges Ritual. Damit soll den Christen gezeigt werden: "Dieser Mensch ist ein Vorbild. So wie er sollt auch ihr leben", erklärt Rainer Kampling. Er ist Experte für die katholische Kirche. "Es sind zum Beispiel Menschen, die besonders gut teilen konnten oder sich um andere gesorgt haben", sagt der Fachmann. Doch auch Katholiken, die wegen ihres Glaubens ihr Leben verloren, können heiliggesprochen werden. Heilige werden von vielen Gläubigen auf der Welt verehrt. Wie Menschen heiliggesprochen werden, dafür gibt es klare Regeln. Sie müssen zum Beispiel mindestens seit fünf Jahren tot sein. Außerdem müssen viele Leute der Meinung sein: Dieser Mensch war etwas Besonderes. "Dann beginnt ein langer, aufwendiger Prozess", sagt der Experte. Fachleute prüfen ausführlich, ob dieser Mann wirklich so gelebt hat. "Das dauert oft viele Jahre." Einer der beiden Päpste, die am Sonntag heiliggesprochen wurden, starb schon vor mehr als 50 Jahren: Papst Johannes der Dreiundzwanzigste. Der andere neue Heilige ist Papst Johannes Paul der Zweite. Entscheiden auch die Fachleute in Rom und der aktuelle Papst, dass dieser Mensch heilig sein soll, dann findet eine besondere Messe statt. Danach sind die Menschen für katholische Christen heilig. dpa

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