Kaum einer fliegt auf den Hahn

Mainz · Das Interesse möglicher Investoren am Flughafen Hahn gilt bislang ausschließlich dem Betrieb der Anlagen, nicht dem Besitz. Im ersten Quartal 2014 soll in enger Abstimmung mit der EU-Kommission ausgeschrieben werden.

Mainz. Seit Jahrzehnten versorgt das Land den Flughafen Hahn mit Steuermitteln. Der ehemalige US-Fliegerhorst im Hunsrück gilt als Vorzeigeprojekt bei der Umwandlung militärischer in zivile Flächen.
Doch das Füllhorn versiegt: Die Brüsseler Wettbewerbshüter wollen, dass sämtliche Regionalflughäfen in Europa künftig auf eigenen Beinen stehen. Maximal zehn Jahre hat der Hahn Zeit, um schwarze Zahlen zu schreiben. Sonst ist es aus.
In der Flughafengesellschaft FFHG sei die Kultur des "Bedientwerdens" aus Mainz so tief verankert, dass betriebswirtschaftliches Denken erschwert worden und die große Unruhe nach Bekanntwerden des Sanierungskonzepts von Geschäftsführer Heinz Rethage nun logisch sei, meint Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD).
Rethage rüttelt an den Grundfesten, will kräftig sparen und unter anderem Personal abbauen (der TV berichtete). Der Betriebsrat, mit dem er im Vier- bis Sechs-Wochen-Rhythmus spreche, werde nicht mit allem einverstanden sein, sagt Lewentz. "Ich bin positiv überrascht, dass er die Entwicklung positiv begleiten will."
Der Minister will helfen, den derzeit gestörten Betriebsfrieden wiederherzustellen. "Einen dauerhaft ruppigen Ton würde ich bedauern", sagt Lewentz. Sanierer Rethage habe zwar einen klaren Auftrag, müsse sich jedoch auch um ein konstruktives Miteinander bemühen. Lewentz will deshalb mit ihm und dem zweiten Geschäftsführer Wolfgang Pollety in Kürze in Mainz sprechen.
Der Hahn-Aufsichtsrat befasst sich mit dem Sanierungskonzept erstmals am 29. August. Er werde mindestens zwei Sitzungen brauchen, um einen neuen Kurs festzulegen, sagt Lewentz. Der Sozialdemokrat stellt vorab klar: "Betriebsbedingte Kündigungen wird es mit mir nicht geben."
Während im Hunsrück um effektivere Strukturen der Flughafengesellschaft gerungen wird, loten die vom Ministerium beauftragten Experten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit der EU Handlungsoptionen aus. Ziel: private Partner für den Hahn finden. Vier Modelle stünden zur Diskussion. Bis Ende Oktober soll laut KPMG-Partner Carsten Jennert mit der EU "eine belastbare Abstimmung über die Ausschreibung" erfolgen. Ausgeschrieben werden soll dann im ersten Quartal 2014.
Schlange stehen Interessenten keinesfalls. Das hatte Minister Roger Lewentz einst im Landtag gesagt, weil es ihm so signalisiert worden sei, und ärgert sich heute darüber. Eine Markterkundung Ende 2012 habe das strategische Interesse von zehn internationalen Flughafenbetreibern am Hahn aufgezeigt, sagt KPMG-Experte Steffen Wagner. Logistiker oder Fluggesellschaften hätten hingegen bislang kein Interesse.
Als Vorteile des Hahn würden dessen Flexibilität, das positive Umfeld und die 24-Stunden-Betriebserlaubnis gesehen. Als Nachteil werde die Überdimensionierung empfunden. Es gebe zu große Immobilien am Flughafen wie das Abfertigungsgebäude und außerdem nicht notwendige Immobilien, die zu teuer instand gehalten werden müssten.
Sämtliche Interessenten richten laut KPMG ihr Augenmerk auf den Betrieb des Flughafens. Das sei aber kein Problem, sagt Steffen Wagner. Man könne den Betreiber wirtschaftlich einem Besitzer gleichstellen. Dazu müsse die Betriebsüberlassung vertraglich so gestaltet werden, dass dem Betreiber Planzahlen vorgegeben würden. Erreiche er sie nicht, müsse er für einen Verlustausgleich sorgen. Werde die vorgegebene Messlatte übersprungen, könne der Betreiber zusätzliche Gewinne einstreichen. Bei der grundsätzlichen Neuausrichtung des Flughafens spielt auch dessen bisheriger Hauptkunde eine wichtige Rolle: Der Vertrag mit der irischen Billigfluglinie Ryanair endet 2015. In Kürze sollen Gespräche aufgenommen werden. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Ryanair den Hahn verlassen wolle, sagt Minister Lewentz. Die Iren fänden günstige Konditionen vor.
Von einstigen Wachstumszielen wie zehn Millionen Passagieren im Jahr hat sich der Hahn angesichts eines sehr viel schwierigeren Marktumfeldes verabschiedet. In diesem Jahr seien 2,5 Millionen Fluggäste zu erwarten, wenn es mittelfristig etwa drei Millionen würden, sei man zufrieden, sagt Roger Lewentz.

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