Kein Geld: Nicht nur beim Dorf-Traktor hapert es - Kommunen ächzen unter Schuldenlast

Trier/Mainz · Geht es ums Geld, sieht es bei rheinland-pfälzischen Kommunen besonders düster aus. Probleme gibt es auch in der Region.

Es muss nicht immer eine feurige Diskussion um das lokale Schwimmbad sein, um klarzumachen, wie sehr Gemeinden unter der Schuldenlast ächzen. Manchmal geht es einfach nur um die Frage, ob ein Traktor durch das Dorf tuckert - oder nicht.

Thomas Müller, Ortsbürgermeister von Tawern (Kreis Trier-Saarburg), erzählt von der Geschichte, als er einen dringend benötigten Trecker kaufen wollte. Für die Gemeindearbeiter, wenn sie die Grünanlagen im Dorf pflegen, den Sportplatz herrichten oder Gräber auf dem Friedhof ausheben. Doch schnell sah Müller das Stoppschild. Einen Traktor darf sich die Gemeinde nur leisten, wenn sie woanders spart, habe es geheißen.

Und was beim Traktor beginnt, weite sich im Großen aus. Wollen Gemeinden einen Kindergarten bauen, müssen sie in den meisten Fällen neue Schulden aufnehmen, sagt Müller, der auch Pressesprecher des Kreises ist und die Kassenlage vieler Dörfer kennt. "Ohne einen Kredit läuft in den meisten Fällen nichts." Denn sonst heißt es: Ohne Moos nix los.

Ein Spruch, der nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung für Rheinland-Pfalz besonders gilt. Und das auch in den Kommunen, in denen die Steuereinnahmen üppiger fließen als im Kreis Trier-Saarburg, der in dieser Kategorie - "besonders wegen 12.000 Luxemburg-Pendlern" - zu den Schlusslichtern in den westdeutschen Bundesländern zählt.
Die Autoren der Studie malen ein ernüchterndes Bild von der kommunalen Finanzlage im Land: Im Jahr 2016 häuften die Gemeinden danach trotz steigender Steuereinnahmen ein Minus an.

Rheinland-Pfalz gehöre mit Schleswig-Holstein und dem Saarland zu den drei Bundesländern, denen "selbst in sehr guten wirtschaftlichen Zeiten keine Stabilisierung gelingt". Die Einnahmen seien deutlich schwächer gestiegen als im bundesweiten Vergleich (siehe Extra). Wo Sozialkosten zunehmen, sinken Investitionen. Und: In der Top-Ten-Liste der Kassenkredite pro Einwohner liegen sechs Kommunen aus Rheinland-Pfalz, darunter Trier auf Platz zehn mit 3828 Euro.

Die Kassenkredite ähneln - vereinfacht gesagt - dem Dispo-Kredit, bei dem Bankkunden ihr Konto um eine bestimmte Summe überziehen können. Das Fazit der Autoren in wenigen Worten: "Rheinland-Pfalz gehört zu den Krisenregionen der Kommunalfinanzen."

Die kommunalen Spitzenverbände im Land schlagen Alarm. In einer Mitteilung schreiben sie von einer "chronischen Unterfinanzierung" der Städte, Kreise und Gemeinden. Ziel ihres Angriffs: die Landesregierung, die es versäumt habe, die Lücke zu beseitigen. Zu Kassenkrediten, die nach dem Landesrechnungshof von Städten als dauerhaftes Instrument rechtswidrig verwendet werden, gebe es ohne hinreichende Finanzierung keine Alternative. Es reiche nicht mehr aus, Grundsteuer und Gewerbesteuer zu erhöhen, was nach Meinung der Industrie- und Handelskammer Trier wiederum die Gemeinden schwächt, wenn diese um neue Unternehmen werben.

Die Verbände fordern von der Landesregierung, dass diese beim kommunalen Finanzausgleich mindestens 300 Millionen Euro mehr in das System geben müsse, um einen zwingend nötigen Haushaltsausgleich zu erzielen. Um Altschulden zurückzuführen, regt der Städte- und Gemeindebund einen Fonds an. Als Beispiel nennen die Spitzenverbände Hessen.

Dort übernehme das Land sechs Milliarden Euro Schulden der Kommunen - und entlaste diese von hohen Zins- und Tilgungszahlungen. Gerne dürfe in einen neu zu gründenden Topf auch der Bund einzahlen, sagt Ralph Spiegler, Landesvorsitzender des Städte- und Gemeindebundes am Mittwoch. Sein Weckruf nach Mainz und Berlin: "Nie waren Zinsen so niedrig. Kommt ein Fonds nicht jetzt, kommt er nie."

Der rheinland-pfälzische Finanzstaatssekretär Stephan Weinberg sagt, dass die Verbesserung der kommunalen Finanzen ein wichtiges Anliegen für das Land sei. Insgesamt habe sich deren Situation in den vergangenen Jahren erheblich verbessert, was Weinberg auch auf das Einrichten eines bereits bestehenden kommunalen Entschuldungsfonds und eine Reform des kommunalen Finanzausgleichs zurückführt, aus dem die Kommunen 2018 mehr als 2,9 Milliarden Euro erhalten.

Kritik kommt von der Opposition. Anke Beilstein aus der CDU-Fraktion spricht von immer neuen Aufgaben, die das Land den Gemeinden aufhalse. Geld vom Bund fließe nicht oder verzögert über das Land weiter. Die AfD kritisiert zusätzliche Soziallasten bei Kindertagesstätten und Asylpolitik, die Kommunen stemmen müssten.

Der rheinland-pfälzische Städte- und Gemeindebund warnt vor politischen Versprechen im Bundestagswahlkampf, die Kommunen noch weiter belasten. Ein Beispiel? Ein möglicher Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern, sagt Spiegler. Es werde nicht ohne weiteres gelingen, Lehrer aus dem Boden zu stampfen. Nicht die Kommunen, der Bund müsse nun drauf satteln, fordert Spiegler. Und fügt nach der neuen Studie noch hinzu: "Ohne Hilfen kommen die Gemeinden ohnehin nicht aus der Krise raus."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort