"Kein Kind darf verloren gehen"

TRIER. Für mehr bürgerschaftliches Engagement im Kinderschutz plädiert die rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer. Ein gutes Beispiel dafür sei die Unterstützung des Kinderschutzbundes, zu dessen Gunsten derzeit die große TV-Benefiz-Aktion "Meine Burg" läuft.

Frau Dreyer, Kinderschutz ist nach den jüngsten Vorfällen in aller Munde. Muss immer erst etwas Schreckliches passieren, damit sich die öffentliche Aufmerksamkeit einem solchen Thema zuwendet?Dreyer: Es ist ja nicht so, dass vorher nichts passiert wäre. Die meisten Jugendämter arbeiten sehr engagiert, und ich habe auch hohen Respekt vor Organisationen wie dem Kinderschutzbund, die sich kontinuierlich um das Thema kümmern. Aber was wir schaffen müssen, ist, dass möglichst kein Kind mehr durch das Raster fällt... Aber das geht doch kaum mit staatlichen Organen allein!Dreyer: Richtig, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Nachbarn, Kindertagesstätten, Schulen, alle müssen mit hinschauen, es darf nicht sein, dass Kinder verloren gehen im System. Warum ist das aus Ihrer Sicht so schwierig?Dreyer: Die Menschen bei uns haben große Angst, am Ende als Denunzianten dazustehen. Aber darum geht es nicht. Wir müssen wach werden, mitkriegen, was geschieht und vor allem nicht schweigend zusehen, sonst sind die Kinder am Ende ganz allein. Aber die Politik kann doch nicht warten, bis die Bürger das Problem alleine lösen.Dreyer: Das tun wir auch nicht. Es gibt gute neue Ansätze, die Arbeit der verschiedenen Institutionen, die sich um Kinder kümmern, besser zu vernetzen. Das beginnt schon auf der Säuglingsstation, wir dürfen Kinder, die Hilfe brauchen, nicht aus den Augen lassen. Das dürfte aber schnell an die Grenzen der Bezahlbarkeit stoßen.Dreyer: Genau da kann aber die Verbindung von ehrenamtlichem Engagement und professioneller Anleitung, wie sie beispielsweise der Kinderschutzbund vorbildlich praktiziert, eine entscheidende Rolle spielen. Zu helfen, dass Kinder aus ihrer Isolation geholt werden, da kann man auch ehrenamtlich sehr viel machen. Stichwort Vernetzung: Haben Sie das Gefühl, dass da alle Seiten immer am gleichen Strang ziehen?Dreyer: Wir können uns gar nicht leisten, dass die Organisationen, die sich um Kinder kümmern, untereinander nicht kooperieren. Die müssen vor Ort eng zusammenarbeiten. Es gibt viele Familien in schwierigen Verhältnissen, die Angst vor dem Jugendamt haben und an die sehr schwer heranzukommen ist.Dreyer: Deshalb können die Ämter ja gezielt freie Träger wie den Kinderschutzbund in diese Arbeit einbinden. Die rechtlichen Möglichkeiten sind da. Der Staat verhält sich besser subsidiär, wo andere einen leichteren Zugang zu den Menschen haben. Nochmal zum bürgerschaftlichen Engagement zurück: Nicht jeder fühlt sich geeignet, gleich ehrenamtlich anzupacken. Etwas tun kann man aber trotzdem...Dreyer: Indem man denjenigen hilft, die Kindern helfen. Zum Beispiel dem Kinderschutzbund mit der Aktion "Meine Burg". d Das Gespräch mit Ministerin Malu Dreyer führte TV-Redakteur Dieter Lintz.

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