Kein Traumjob mehr

Erstmals sind am Donnerstag auch kommunale Kitas in der Region von den bundesweiten Streiks betroffen. Die Erzieher der 40 kommunalen Einrichtungen im Kreis Bernkastel-Wittlich sind aufgerufen, ab 13 Uhr ihre Arbeit niederzulegen.

Wittlich. "Unter den heutigen Bedingungen würde ich den Beruf nicht noch einmal ergreifen." Erni Schaaf-Peitz ist seit über 30 Jahren Erzieherin, und das mit Leib und Seele. Doch in den vergangenen Jahren habe sich der Job geändert, die Anforderungen seien gestiegen - die Belastung durch größere Gruppen, mehr Lärm, längere Öffnungszeiten, intensivere Förderung der Kinder und die Kleinkind-Betreuung auch, sagt die 54-Jährige. Sie ist Leiterin eines kommunalen Kindergartens in Wittlich und Funktionärin in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Bei der Frage, ob Erzieher ein Traumjob sei, lacht sie. Eigentlich schon. Aber eben nicht unter den Bedingungen. Kaum einer ihrer Kollegen halte bis zum Rentenalter durch, sagt Schaaf-Peitz. Und qualifizierten Nachwuchs zu finden sei fast unmöglich. "Bei einem Einstiegsgehalt von 2000 Euro brutto reißt sich niemand um den Job", sagt die engagierte Gewerkschafterin.

Um auf diese, aus ihrer Sicht unhaltbaren, Zustände hinzuweisen, hat die GEW für Donnerstagnachmittag die Beschäftigten der 40 kommunalen Kitas im Kreis Bernkastel-Wittlich zum Streik aufgerufen. Nicht den ganzen Tag, wie ursprünglich geplant, sondern ab 13 Uhr. Schaaf-Peitz rechnet mit 150 Streikenden, die ab 14 Uhr zu einer Kundgebung auf den Wittlicher Marktplatz kommen werden. Sie weiß, dass der Streik womöglich Eltern trifft, die auf eine Ganztagsbetreuung angewiesen sind, setzt aber auf Verständnis. "Wir gehen ja auch für bessere Bildungschancen in den Kindergärten auf die Straße."

Die anderen kommunalen Kindergärten in der Region werden wohl nicht bestreikt werden. "Der Schwerpunkt der Aktionen liegt in Mainz, Ludwigshafen, Koblenz, Kaiserslautern und Worms", sagt Peter Blase-Geiger vom GEW-Landesverband. GEW und die Gewerkschaft Verdi haben die Kita-Mitarbeiter dort für heute zum Streik aufgerufen. In Worms soll es am Morgen eine zentrale Kundgebung geben. Die Gewerkschaften rechnen mit 2000 Teilnehmern. Vergangene Woche gab es Streiks in kommunalen Kitas im Rhein-Main-Gebiet.

Am Mittwoch soll es ein Gespräch mit den kommunalen Arbeitgebern geben. Die Gewerkschaften fordern, die Gesundheitsförderung im Tarifvertrag festzuschreiben. Bislang hätten die Arbeitgeber aber nicht signalisiert, dass sie darüber verhandeln wollen, sagt Blase-Geiger. Stattdessen übten sie Druck auf die streikwilligen Mitarbeiter aus, drohen mit Abmahnungen, falls sie die Arbeit niederlegen. Blase-Geiger spricht von Einschüchterungsversuchen.

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