Keine Angst vor der Macht

Trier · Im Reigen der Spitzenkandidaten für die rheinland-pfälzische Landtagswahl machte der grüne Vormann Daniel Köbler Station in der Volksfreund-Redaktion. Wenn die Umfrage-Ergebnisse nicht trügen, wird seine Partei bei der Regierungsbildung eine wesentliche Rolle spielen.

 Teilt ordentlich aus gegen CDU, FDP und SPD: Grünen-Spitzenkandidat Daniel Köbler (rechts) in der TV-Redaktion. Foto: Friedemann Vetter

Teilt ordentlich aus gegen CDU, FDP und SPD: Grünen-Spitzenkandidat Daniel Köbler (rechts) in der TV-Redaktion. Foto: Friedemann Vetter

Eigentlich müsste Daniel Köbler blendender Laune sein, angesichts der neuesten Rheinpfalz-Umfrage: Zehn Prozent für Grün, 40 Prozent für die SPD (CDU 35, FDP fünf, Linke vier). Dazu der zu erwartende "Japan-Effekt". Aber die Atomkatastrophe wirft einen Schatten auf diesen sonnigen März-Tag. "Auch wenn uns das Stimmen bringen sollte, wäre mir lieber, es wäre nie passiert", sagt der 29-Jährige.

An eine echte Umkehr der Bundesregierung in Sachen Atom glaubt er nicht. CDU und FDP versuchten lediglich, "Zeit zu gewinnen". Mit Folgen auch für mögliche Konstellationen nach der Rheinland-Pfalz-Wahl: Ohne Rückkehr zum Ausstiegskompromiss ohne Laufzeit-Verlängerung gebe es "keinerlei Grundlage" für schwarz-grüne Gespräche. Ohnehin sieht Köbler wenig Gemeinsamkeiten mit der CDU, deren Spitzenkandidatin Klöckner "keinen Schritt auf uns zu gemacht hat". Auch die Liberalen scheinen als Partner für eine mögliche Ampel auszuscheiden: Die FDP fahre im Wahlkampf "eine unsägliche Kampagne", weitere fünf Jahre Opposition "würden denen guttun".

Bleibt im Grunde nur die SPD, aber der Grüne, der sich vorstellen kann, nach der Wahl Chef seiner Landtagsfraktion zu werden, offenbart auch da reichlich Sollbruchstellen: Der Hochmoselübergang, die Mittelrheinbrücke, der Hahn, also Kurt Becks größte Renommierprojekte, seien allesamt "Ausdruck einer Verkehrspolitik aus dem letzten Jahrhundert". Der Nürburgring? "Da haben sich ein paar ältere Herren ihre Jungsträume erfüllt". Die SPD-Verwaltungsreform? Viel zu kurz gesprungen und "ohne Koppelung mit einer Gemeindefinanzreform sinnlos".

Bei intensiverem Nachbohren weicht die Frechheit der (noch) außerparlamentarischen Opposition aber einer soliden Realo-Haltung. Ob die Grünen eine etwaige Koalition am Bau des Hochmoselübergangs scheitern lassen würde? "Da muss man nicht über Einzelprojekte reden, sondern über ein Gesamtkonzept", erklärt Diplomat Köbler.

Dass das junge, neu aufgebaute Team der Grünen es mit der regierungserfahrenen Beck-Truppe nicht leicht hätte, ist dem Spitzenkandidaten klar. "Wir schätzen", sagt er, "die Machtverhältnisse realistisch ein". Ein strukturell gestärktes Umweltministerium müsste schon drin sein, dazu Verantwortung in Sektoren wie soziale Teilhabe und Bildung: "Wir trauen uns zu, das aus eigener Kraft zu stemmen."

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