Keine Lust auf große Defilees

TRIER/SCHWEICH. Zum 60. Geburtstag gönnt sich ADD-Präsident Josef Peter Mertes ein rares Vergnügen: Statt eines amtlichen Empfangs und offizieller Festivitäten steht am heutigen Samstag ein privater Familientag mit Ehefrau, Kindern und Enkeln auf dem Programm.

Feiern im kleinen Kreis, ohne Brimborium: Das passt zu Josef Peter Mertes. Breitwand-Inszenierungen mit großen Tableaus sind seine Sache nicht, eher schon elegante Studio-Produktionen mit geschickter Personenführung. Wobei der regelmäßige Theater-Besucher den Part des Regisseurs bevorzugt selbst übernimmt. Ein großes Geburtstags-Defilee, wie es andere Amts- und Würdenträger zum runden Eigen-Jubiläum vorexerzierten, würde ihm wahrscheinlich nur ein spöttisches Lächeln entlocken. Josef Peter Mertes hat nicht erst 60 werden müssen, um über manchen Dingen zu stehen. Was ihn keineswegs davon abhält, sich in andere Dinge um so fröhlicher einzumischen.Von einmal gefassten Zielen kaum abzubringen

Das war wohl schon immer so. Wäre ihm nicht eine Asthma-Erkrankung dazwischen gekommen, hätte er wahrscheinlich als erstes den väterlichen Friseursalon umgekrempelt. So lernte er Industriekaufmann, holte auf der Abendschule das Abi nach, studierte Sonderpädagogik und brachte es in kurzer Zeit zum Leiter einer Sonderschule. Dann lockte die Politik. Der erste Anlauf Richtung Landtag misslang, aber Mertes gehört nicht zu jenen, die sich von einem einmal gesetzten Ziel so leicht abbringen lassen. So zog er 1991 leicht verspätet, aber um so furioser in den Landtag ein, indem er dem amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Carl-Ludwig Wagner den eigenen Wahlkreis buchstäblich unter dem Allerwertesten wegzog. Bald war er einflussreicher Haushaltspolitiker, wurde längst für ministrabel gehalten, als ihn die Spätfolgen der Mittelbehörden-Reform ereilten und Ende 2000 auf den Sessel des höchsten landeseigenen Behördenchefs brachten - als Direktor der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion mit Sitz in Trier. Seither ist der erklärte Antibürokrat Mertes Chef einer Heerschar von Beamten und anderweitig öffentlich Bediensteten. Und, nicht zuletzt, oberster Aufseher über die Gemeinden und ihre maroden Finanzen. So rücken bei ihm die Bürgermeister und Landräte an, um - meist kleinlaut - beim mächtigen Mertes Genehmigungen für ihre Ausgaben und Investitionen auszuhandeln. Er würde nie zugeben, dass ihm das Spaß macht. Aber man kann es in seinem Gesicht lesen. Kein Wunder also, dass Vermutungen, er werde doch irgendwann auf einen Ministerposten nach Mainz wechseln, inzwischen verstummt sind. Er gedenke seine Laufbahn in Trier zu beenden, lässt er hier und da kategorisch mitteilen. Was aber nicht heißen muss, dass Schlitzohr Mertes mit 60 keine Karriere-Ambitionen mehr hegt. Insider munkeln schon lange von Plänen der Landesregierung, die drei großen Landes-Mittelbehörden ADD, SGD Nord und SGD Süd irgendwann zusammen zu legen. Da könnte der Chef der größten Direktion ja durchaus gleich der Chef aller Direktionen werden - auch von Trier aus.Auch als Verwaltungsmann noch Strippenzieher

Natürlich würde Josef Peter Mertes solche Überlegungen nie bestätigen. Dafür ist der Sozialdemokrat viel zu sehr Politprofi und Taktiker. Und seine Fähigkeiten zum Strippenziehen hat er auch als Verwaltungsmann nicht eingebüßt. Ganz so oft wie früher kann er freilich nicht mehr an der Realisierung von Leib-und-Magen-Projekten basteln. Wenn es dann trotzdem gelingt, wie beim Nachbau des Neumagener Weinschiffs, dann hört man ihm die gute Laune schon am Telefon an. Vom Ruhestand hat ihn noch keiner reden gehört, trotz überstandener Krebs-Erkrankung vor vier Jahren. Dafür macht die Arbeit in der "Firma", wie er seine Behörde nennt, zu viel Spaß. Und eine kleine Firmen-Geburtstagsfeier soll es am Montag denn doch geben, mit Betriebs-Chor und Mitarbeiter-Gratulationscour. Josef Peter Mertes wird so tun, als sei ihm das alles eher unangenehm. Und es trotzdem genießen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort