Gesellschaft Tipps vom Kinderschutzbund: Was tun, wenn Kinder Angst vor dem Krieg haben?

Trier · Siebenjährige, die Putin hassen. Zwölfjährige, die Angst vor dem Dritten Weltkrieg haben. Das Telefon des Trierer Kinderschutzbundes steht nicht still, seit der Krieg auch in Kinderzimmern zum Thema wurde. Kinderschützerin Corinna Engelmann erklärt, wie Eltern in dieser Lage helfen können.

Kinder und der Ukraine-Krieg - Tipps vom Kinderschutzbund Trier
Foto: dpa/Jens Kalaene

Der Krieg, das macht was mit Kindern. Neulich, nachdem er die Nachrichten gesehen hatte, da bat der zehnjährige Leo (Name geändert) seine Mutter, sich noch zu ihm ins Bett zu legen. Dort liegend erzählte er ihr, wie er sich vorstelle, dass russische Soldaten mit grün leuchtenden Augen auf ihn zukommen. Ein paar Tage später kehrte er aus der Schule zurück und erklärte, er würde im Notfall auch für die Ehre seines Landes kämpfen. „Und er hat gefragt, ob wir eine ukrainische Frau mit Kind aufnehmen können“, berichtet seine Mutter.

Wie sehr der Krieg in der Ukraine die Jüngsten beschäftigt, das zeigt sich auch beim Kinderschutzbund Trier, wo seit Wochen sehr viele Kinder und Jugendliche anrufen, um über ihre Sorgen zu sprechen und Fragen zu stellen. So wollte ein Achtjähriger wissen, ob er noch mit seinem russischen Freund spielen dürfe. „Eine Zwölfjährige rief an und fragte, ob wir nun kurz vor einem Dritten Weltkrieg stünden“, berichtet Geschäftsführerin Corinna Engelmann. Eine Siebenjährige, die nicht mehr gut schlafen kann, sagte: „Ich hasse Putin!“.

Andere haben Albträume vom Krieg, wollen nur noch bei ihren Eltern schlafen, fürchten, dass auch hier bald Bomben fallen könnten, dass ihre eigenen Väter in den Kampf ziehen müssen wie die Väter in der Ukraine und sie sorgen sich um das Leben der ukrainische Kinder. Ob Putin Kinder habe, wollte eine Siebenjährige wissen. Als die Beraterin dies bejahte, fragte sie: „Wie kann er dann zulassen, dass wegen ihm so viele Kinder sterben?“

  Manche wollen so viele Informationen über den Kriegszustand wie möglich. Andere schalten sofort die Medien aus, weil es sie zu sehr belastet und sie damit nicht umgehen können. „Die Kinder entwickeln somit verschiedene Strategien“, sagt Engelmann. Aber nicht nur Mädchen und Jungen rufen vermehrt bei der anonymen Hotline des Kinderschutzbundes, der „Nummer gegen Kummer“ an, sondern auch Erwachsene, die nicht wissen, was sie ihren Kindern sagen sollen. „Die Eltern beschäftigt es sehr, was sie erzählen sollen und was lieber nicht“, sagt Engelmann.

Eine Mutter habe gefragt, wie sie Sicherheit vermitteln könne, wenn sie doch selber total unsicher und ängstlich sei.

Was also tun? Hier einige Tipps des Kinderschutzbundes:

 Es ist ratsam, den eigenen Kindern noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken um zu beobachten, ob sie ein Problem mit sich „herumtragen“ und sie etwas beschäftigt. Veränderungen können sich beispielsweise in vermehrten Albträumen, einer stärkeren Anhänglichkeit, aber auch einem gesteigerten Aggressionsverhalten zeigen. „Darauf solle man unbedingt achten“, sagt Engelmann.

Generell sollten Eltern ihren Kindern gegenüber ihre Gesprächsbereitschaft zeigen. Der Kinderschutzbund Trier rät, das Thema Krieg stets altersentsprechend und dem Wesen des Kindes angemessen zu thematisieren – und zwar sachlich und ohne Ausschweifungen oder persönliche angstauslösende Mutmaßungen. Dies bedeute jedoch nicht, dass Eltern ihre Betroffenheit und Sorgen nicht mehr äußern dürften.

Im Umgang mit den Medien sollten Eltern darauf achten, was sich Kinder und Jugendliche im Fernsehen und in den sozialen Netzwerken anschauen. Jüngere Kinder im Vorschulalter sollten sich keine Berichte über das aktuellen Kriegsgeschehens ansehen, sagt Engelmann. „Diese Bilder überfordern die Wahrnehmung der Kinder und können von ihnen nicht verarbeitet werden.“ Beim Umgang mit dieser  Altersgruppe sollte man sich an den Fragen der Kinder orientieren, rät die Expertin.

Bei älteren Kindern ab dem Grundschulalter ist ein Fernhalten der Medien in der Regel nicht möglich. Die Berichterstattung sollte aber nur in Begleitung der Eltern verfolgt werden.

Gerade in diesen unsicheren Zeiten sei es umso wichtiger, den Kindern und Jugendlichen viel Aufmerksamkeit durch gemeinsame Aktivitäten zu schenken. „Gemeinsame positive Erlebnisse stärken das Selbstbewusstsein und das Sicherheitsgefühl“, sagt Engelmann.

Eine gute Idee sei es auch, dass Eltern die Aufmerksamkeit der Kinder auf die weltweiten Hilfsaktionen lenken:  Auf die vielen Menschen, die Flüchtlinge mit Essen und Kleidung versorgen oder die Lebensmittel und Medikamente in die betroffenen ukrainischen Gebiete transportieren. „So können Eltern ihren Kindern zeigen, dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine sind, und dass sich Menschen weltweit zusammenschließen, um gemeinsam was für den Frieden zu tun.“

Auch könne es beruhigen, wenn Kinder und Jugendliche mit ihren Eltern gemeinsam etwas unternehmen, das Ukrainern hilft.

„Was wirklich wichtig war, war, dass wir was tun konnten“, berichtet auch Leos Mutter. Ihr Sohn habe eine lange Liste geschrieben mit Hilfsgütern, die in der Ukraine benötigt werden. „Und dann sind wir in den Drogeriemarkt gegangen und mussten ganz viel kaufen“, erzählt die Triererin und lacht beim Gedanken an die dicke Tüte, die ihr Sohn aus dem Geschäft schleppte. Leo sei es danach besser gegangen. „Es hat ihn beruhigt, etwas zu tun.“

Die „Nummer gegen Kummer“ des  Kinderschutzbundes Trier lautet: 1160111 oder 0800-111 0 333. Wer die Arbeit des Kinderschutzbundes unterstützen möchte, kann dies tun über das Spendenkonto: Sparkasse Trier: IBAN DE17 5855 0130 0000 1322 82  BIC: TRISDE55 

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