Untreue-Verdacht Ermittlungen gegen Ex-CDU-Schatzmeister Bleser: Landesparteichefin Klöckner äußert sich

Mainz · Ermittlungen gegen Ex-Schatzmeister Bleser überraschen Landesparteichefin Klöckner. Regressansprüche schließt die Partei nicht aus.

 Gefragt in der Spendenaffäre: die CDU-Landeschefin Julia Klöckner und Landesgeneralsekretär Patrick Schnieder.

Gefragt in der Spendenaffäre: die CDU-Landeschefin Julia Klöckner und Landesgeneralsekretär Patrick Schnieder.

Foto: dpa/Fabian Sommer

24 Stunden nach dem Sturm sitzt Julia Klöckner in der CDU-Landesgeschäftsstelle und liest von einem Blatt Papier ab. Die Landesvorsitzende der Union, die mancher Pressekonferenz zu der Mauss-Spendenaffäre schon fern blieb und dafür oft gescholten wurde, will offenkundig Flagge zeigen. Ihr Credo, das sie in Mikros spricht: Die Partei sei nicht verdächtigt – einen Tag, nachdem der Bundestag die Immunität des Abgeordneten Peter Bleser aufgehoben hat. „Die CDU in Rheinland-Pfalz ist nicht beschuldigt, sondern Geschädigter“, sagt Klöckner. Die Union sei von den Vorgängen überrascht worden, sei an Aufklärung interessiert und werde alle Erkenntnisse offenlegen.

Gegen Bleser ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen des Verdachts der Untreue und Verstoßes gegen das Parteiengesetz. Die Justiz will die Frage klären, ob der Hunsrücker davon wusste, dass Spenden des Ex-Geheimdienstagenten Werner Mauss verdeckt und somit illegal an die Partei geflossen sind (siehe Info).

CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder hebt die Unschuldsvermutung hervor. Der Vulkaneifeler schließt jedoch nicht aus, Bleser in Regress zu nehmen, sollte es tatsächlich zu einer strafrechtlichen Verurteilung kommen. „Wir warten jetzt ab, was bei den Ermittlungen rauskommt.“

Die CDU hatte selber tags zuvor schon Dokumente per E-Mail verschickt, die eine deutliche Distanzierung von Bleser nahelegten. Die Papiere zeigen, dass Bleser sich bei der Verbandsgemeinde Simmern für Tarnidentitäten für Familienangehörige von Mauss eingesetzt haben soll und ein Sohn des Ex-Agenten ein Praktikum bei dem Bundestagsabgeordneten absolviert hat. Schnieder sagt, ein Anwalt habe der CDU geraten, die Dokumente öffentlich zu machen, um Transparenz zu zeigen.

Fühlt sich die Partei von Bleser selber seriös und umfassend informiert? „Ich kann es nicht beurteilen, zum jetzigen Zeitpunkt“, sagt Klöckner. Sie habe mit dem Agrarstaatssekretär telefoniert, sagt sie. Aber auch: „Über persönliche Anrufe berichtet man nicht.“ Sie spricht von einer schwierigen Lage, „auch persönlich, für Herrn Bleser“. Auch über die politische Zukunft des Abgeordneten und Staatssekretärs will sich Klöckner kein Urteil erlauben.

Wann die Staatsanwaltschaft zu einem Ergebnis kommt, ob sie Anklage erhebt, ist offen. Die Behörde teilte am Donnerstag mit, sie werte nun die beschlagnahmten Beweismittel aus. „Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagt Oberstaatsanwalt Harald Kruse. Die Staatsanwaltschaft untersuchte neben den Geschäftsräumen des CDU-Kreisverbandes Cochem-Zell, des Landesverbandes und der Bundeszentrale auch die Büros und Wohnungen von Bleser.

Der TV erreichte Bleser nicht telefonisch. Dem Südwestrundfunk sagte er, er habe sich nichts vorzuwerfen. Anke Beilstein, CDU-Kreisvorsitzende in Cochem-Zell, erhöht dagegen den Druck auf Bleser: „Es gibt Fragen, auf die ich von ihm gerne Antworten hätte.“

Die Spendenaffäre dürfte auch die rheinland-pfälzische Politik erneut beschäftigen. SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich sagt, es habe nie eine konsequente Aufklärung gegeben. Fragen blieben offen. „Welchen Grund hatte Peter Bleser, Werner Mauss bei der Beschaffung weiterer Tarnidentitäten zu unterstützen, obgleich dessen Agententätigkeit schon seit Jahren beendet war?“

Die Grünen-Fraktion macht die Spendenaffäre im Rechtsausschuss am 12. Dezember zum Thema.

Kommentar

Partei stiehlt sich davon

Wir wussten von nichts und sind genauso überrascht wie alle anderen auch: Mit den Aussagen distanziert sich der CDU-Landesvorstand in der Mauss-Spendenaffäre erneut deutlich von Ex-Schatzmeister Peter Bleser. Ein Bekenntnis für den Bundestagsabgeordneten bleibt aus, Regressforderungen sind möglich. So weit, so gut, mag die CDU zu ihrer Aufarbeitung der Ermittlungen denken.

Doch so einfach kann sich die Landespartei nicht aus der Verantwortung stehlen. Die CDU hatte über Monate die Chance, die Spendenaffäre deutlich gründlicher und kritischer aufzuarbeiten, als sie es getan hat. Die Rolle von Peter Bleser hinterfragte sie öffentlich nur halbherzig-kritisch. Den Bundestagsabgeordneten vor der Wahl vom Landeslistenplatz eins auf zwei zu setzen, war ein Signal, das in großen Teilen der Basis schlecht ankam, weil diese darin keinen Denkzettel sah. Nun holen die Fehler der Vergangenheit die Landes-CDU erneut ein. Dass sich die politische Konkurrenz nach Herzenslust darauf stürzen kann, hat sich der nun so überrumpelt fühlende Landesverband auch selber zuzuschreiben.

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