Klöckner: Untersuchungsausschuss zum Hahn-Verkauf? „Wir denken vom Ende her“

Trier · Volksfreund-Redaktionsgespräch: CDU-Landeschefin Julia Klöckner will einstige Hahn-Berater von Schweigepflicht entbunden sehen und spricht über ihre Zukunft.

 Julia Klöckner

Julia Klöckner

Foto: Friedemann Vetter

Die Tasse steht auf dem Tisch, doch Julia Klöckner rührt sie kaum an. Ihr Kaffee, mit etwas Milch verdünnt, kühlt beim TV-Redaktionsgespräch mit der CDU-Landeschefin in Trier ab. Der Grund: Die 44-Jährige redet sich beim verpatzten Verkauf des Flughafens Hahn im Sommer 2016 in Rage - und hat kaum Zeit, an dem Getränk zu nippen. Geht es um den Rechnungshof-Bericht, der dem Innenministerium deutlich Fehler vorwirft , gibt sich Klöckner angriffslustig.

Die Politikerin kritisiert die SPD dafür, sich bei Widersprüchen und Fehlern gegenseitig zu decken. Das System Beck sei zum System Dreyer geworden, tadelt Klöckner und stört sich an der Rückendeckung für den Innenminister . "Herr Lewentz hat beim Hahn alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte, und auch in vielen anderen Feldern viel vergeigt, trotzdem hat Frau Dreyer ihm eine Job-Garantie ausgestellt. Vielleicht ist sie abhängiger von ihm als gedacht, weil er SPD-Landesvorsitzender ist?"

Um eine klare Antwort drückt sich Klöckner bei der Frage, ob die Union einen Untersuchungsausschuss zum Hahn-Verkauf beantragt. Mainzer Munkeleien, wonach die Union diesen scheut, weil die SPD ihrerseits durch die verdeckten Spenden des Ex-Geheimagenten Werner Mauss ein Ass gegen die CDU im Ärmel hat, weist Klöckner zurück. "Wenn die SPD einen solchen Ausschuss für richtig hält, soll sie ihn machen."

Die stellvertretende Bundesvorsitzende der Union nennt andere Gründe, warum sich die CDU nicht zu weit aus dem Fenster lehnt. Der Untersuchungsausschuss könne nur die Inhalte aufgreifen, die bis zu dem Antrag auf einen Ausschuss bekannt sind. Die Union habe so im vergangenen Jahr richtig gehandelt, nicht zu früh auf den Untersuchungsausschuss zu setzen. Der Bericht des Rechnungshofs wäre dann gar kein Bestandteil der Auseinandersetzungen mehr geworden, ebenso wenig die noch anstehende EU-Entscheidung zu Landesbeihilfen für den neuen Hahn-Käufer HNA, die nach dem Geschmack von Klöckner schon zu lange auf sich warten lassen. "Wir denken vom Ende her, keine undurchdachten Schnellschüsse", sagt Klöckner. Das sei wichtiger als die schnelle Schlagzeile.

In Ausschüssen seien noch offene Fragen zu klären: Das Innenministerium habe trotz Problemen mit der SYT eine Entscheidungsvorlage für das Kabinett nicht verändert und berufe sich darauf, den Ministerrat mündlich informiert zu haben. Laut Rechnungshof lässt sich den Akten nicht entnehmen, was genau gesagt wurde. Die Wirtschaftspläne der SYT könnten das Programm von Heuschreck füllen, der Trierer Karnevalsgesellschaft, tadelt Klöckner. Und: Beim jüngsten Verkauf des Hunsrück-Airports an den chinesischen Konzern HNA sei ein erheblicher Teil der Pläne geschwärzt gewesen, für die Abgeordneten nicht einsehbar. Um Widersprüche zwischen dem Land und den einstigen Wirtschaftsprüfern der KPMG aufzuklären, fordert sie die Regierung auf, die Schweigepflicht der KPMG aufzuheben. "Wenn die Regierung nichts zu verbergen hat, braucht es auch keinen Maulkorb für die Berater." Die Verantwortung trage die Regierung ohnehin.

Doch wie geht es weiter, wenn der ,Hahnsinn' ein Ende findet? Klöcker glaubt, dass die CDU auch in anderen Feldern punkten kann. Bei der inneren Sicherheit fordert sie mehr Polizisten, verstärkte Video-Überwachung an empfindlichen Punkten und verdachtsunabhängige Kontrollen, um Einbrecherbanden auf die Schliche zu kommen. Aufholbedarf sieht sie in der Pflege und ärztlichen Versorgung, wo sie sich für mehr Medizinstudenten und ein Überdenken des hohen Notenschnitts ausspricht. Für Schulklassen regt sie eine Migranten-Quote an.

Ob all das Inhalte sind, für die Julia Klöckner bei der Landtagswahl 2021 ein drittes Mal als CDU-Spitzenkandidatin kämpft? "Ich bin hier, in Rheinland-Pfalz, und nicht auf dem Sprung" , sagt sie zu Gerüchten, wonach sie in den Bund oder nach Europa abwandern könnte. Klöckner meint: "Die Frage der Spitzenkandidatur stellt sich jetzt nicht. Das entscheide auch nicht ich alleine, sondern gemeinsam mit der Partei."

WAS JULIA KLÖCKNER ZU KOALITIONEN SAGT
Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am Sonntag hofft die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner auf einen Erfolg der Union. SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat nun wenige Tage vor der Wahl ein Linksbündnis ausgeschlossen. Klöckner misstraut den Worten: "Ich glaube nicht, dass Frau Kraft nicht mit den Linken zusammenarbeitet, wenn sie die Chance zur Koalition hat." Im Bund werde die CDU am 3. Juli ihr Programm zur Wahl am 24. September vorstellen.

Bei künftigen Wunschbündnissen in Berlin hält sich Klöckner bedeckt: Große Koalitionen dürften keine Dauerlösung sein, es seien aber die Programme aller Parteien abzuwarten. Klöckner sagt: "Wenn die Grünen überall Zone 30 fordern, die Vermögensteuer einführen und den Wehretat zurückfahren wollen, werden wir nicht zusammen kommen", sagt sie. Und: "Eines ist klar, mit AfD und Linken koalieren wir nicht. Und alles andere steht in den Sternen und der Macht der Wähler."Mehr zum Thema

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