Trier/Mainz GroKo oder Minderheitsregierung? Koalitionsfrage spaltet die SPD

Trier/Mainz · Parteichef Martin Schulz öffnet sich für ein erneutes Bündnis mit der Union. Der Nachwuchs lehnt das ab. Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer hat einen anderen Wunsch.

 Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz verlässt am 01.12.2017 in Berlin im Willy-Brandt-Haus nach einem Statement das Podium. Thema ist das Treffen der Parteivorsitzenden von CDU/CSU und der SPD beim Bundespräsidenten.

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz verlässt am 01.12.2017 in Berlin im Willy-Brandt-Haus nach einem Statement das Podium. Thema ist das Treffen der Parteivorsitzenden von CDU/CSU und der SPD beim Bundespräsidenten.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Geht es nach Malu Dreyer, sollte es nicht zu einer großen Koalition in Berlin kommen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin liebäugelt im Interview mit dem Trierischen Volksfreund mit einer Minderheitsregierung unter Führung der CDU. Die SPD-Politikerin aus Trier schlägt vor, einen Tolerierungsvertrag zu vereinbaren, in dem sich die Parteien in wichtigen Fragen unterstützen. Bei anderen Themen sei die CDU dann gefordert, ständig neue Mehrheiten zu suchen. Dreyer sieht die Chance, das Parlament zu stärken und Unterschiede zwischen CDU und SPD deutlich sichtbarer zu machen. „Deutschland braucht zwei starke Volksparteien, die im Wettbewerb stehen“, findet Dreyer.

Dennoch bahnt sich in Berlin immer mehr eine Fortsetzung des schwarz-roten Bündnisses an, das die Genossen nach dem Bundestagswahlergebnis von 20,5 Prozent vehement abgelehnt hatten und das erst nach den gescheiterten Sondierungen für eine Jamaika-Koalition wieder auf den Tisch kam. Die SPD-Spitze will sich bei einem Parteitag in der kommenden Woche grünes Licht für ergebnisoffene Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung geben lassen. Parteichef Martin Schulz sagte, er wolle mit dem Parteivorstand über einen entsprechenden Antrag beraten. Dreyer macht sich dafür stark, in möglichen Gesprächen nicht die Minderheitsregierung außer Acht zu lassen. Eine große Koalition müsse nicht das Ergebnis der Gespräche sein, sagt Dreyer.

Bei den Sozialdemokraten sorgt die Koalitionsfrage für gespaltene Meinungen. Die stellvertretende SPD-Chefin und Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, sagte, es gebe in der Partei sehr unterschiedliche Meinungen zum weiteren Vorgehen. Die einen lehnten eine große Koalition massiv ab, andere stünden Neuwahlen skeptisch gegenüber, es gebe auch viele Befürworter dritter Möglichkeiten.

Widerstand kündigen besonders die Jusos an. Auf seiner Homepage veröffentlichte der SPD-Nachwuchs am Freitag eine Petition, in der er alle SPD-Mitglieder dazu aufrief, gegen ein solches Regierungsbündnis zu unterschreiben. Der rheinland-pfälzische Juso-Vorsitzende Umut Kurt sagte dem TV, der Bundesvorstand könne sich darauf gefasst machen, dass der Nachwuchs noch vernehmbar stärker trommeln werde, falls die Parteispitze eine große Koalition befürworte. Die Entwicklung, ein Bündnis mit der CDU erst abzulehnen und nun langsam zu befürworten, bezeichnet er als „Larifari-Kurs“. Kurt, der eine Minderheitsregierung befürwortet, sieht nun SPD-Chef Martin Schulz in der Pflicht. „Er muss liefern und eine klare Richtung vorgeben.“ Der Mainzer Parteienforscher Thorsten Faas hält es für denkbar, dass die SPD und der Parteichef durch die Koalitionsfrage Schaden nehmen.  „Eine Abstimmung beim Bundesparteitag könnte den kompletten Riss offenlegen, der durch die SPD geht.“

Zugleich knirscht es weiter zwischen SPD und CDU. Schulz wies Darstellungen empört zurück, seine Partei habe sich mit der Union bereits auf die Aufnahme von Gesprächen über ein neues Bündnis verständigt. Schulz nannte die Meldung „falsch“ und warf der Union vor, diese lanciert zu haben. Als SPD-Forderungen griff der Parteichef bereits „eine Neugründung Europas“, eine gemeinsame europäische Steuerpolitik, einen EU-Finanzminister und ein Ende der „Zwei-Klassen-Medizin“ auf.

 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte deutlich, falls der SPD-Parteitag Gesprächen mit der Union zustimme, könnte eine erste Gesprächsrunde im kleinen Kreis schon vor Weihnachten stattfinden, vielleicht auch eine zweite.

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