Kriminelle finden immer einen Weg

TRIER. An Weihnachten schlagen die Deutschen wieder zu: Von Heiligabend bis zum zweiten Feiertag wird gut und viel gegessen, am liebsten Fleisch. Kann man angesichts von Gammelfleisch in diesem Jahr seinen Weihnachtsbraten genießen? Darüber sprachen wir mit Charly Leibig, Vorsitzender der rheinland-pfälzischen Lebensmittelkontrolleure.

Essen Sie eigentlich immer noch mit Genuss Fleisch? Leibig: Ja, auch roh als Mett oder Tatar.

Was kommt an Weihnachten bei Ihnen auf den Tisch?

Leibig: Wir werden Fondue und Roastbeef englischer Art essen. Da freue ich mich schon drauf.

Keine Angst, dass Gammelfleisch darunter sein könnte?

Leibig: Nein, das Fleisch, das in Deutschland auf den Tisch kommt, ist weitgehend sicher.

War der Fleischskandal also nur aufgebauscht?

Leibig: Nein. Natürlich gab und gibt es Kriminelle, die Ekel erregendes Fleisch in den Handel bringen und damit Geld verdienen. Das ist aber keinesfalls die ganze Fleisch-industrie.

Woran hapert es denn bei der Lebensmittelkontrolle?

Leibig: Wer kriminell ist, findet immer eine Möglichkeit, die Kontrollen zu umgehen. Um mit Fleisch zu dealen, braucht man doch nur ein Laptop und ein Hotelzimmer. Von dort handelt man anonym mit Fleisch und verschiebt es an Dritthändler, ohne dass man jemals das Fleisch gesehen hat. Man kauft und verkauft. Allerdings müsste jeder wissen, dass bei Fleisch zu Billigstpreisen irgendetwas faul sein muss.

Aber warum ist es so schwer, an diese Kriminellen heranzukommen?

Leibig: Meistens wird das Fleisch in irgendwelchen nicht angemeldeten Kühlhäusern gelagert. Die werden dann auch nicht kontrolliert. Da kommt dann kein Mensch drauf, dass dort Fleisch liegt. Und wenn mal was auffliegt, wird immer nur ein Einzelner, etwa ein Metzgermeister, angeklagt, nie aber das komplette Unternehmen.

Gibt es zu wenig Lebensmittelkontrolleure?

Leibig: Das kann man so nicht sagen. Es gibt Länder und Kommunen, die zu wenige haben, andere sind ganz gut ausgestattet. Das Problem ist, dass sich das Personal noch immer nicht nach den erforderlichen Kontrollen und den vorhandenen Betrieben richtet, sondern nach der Einwohnerzahl. Außerdem gibt es nicht die Lebensmittelkontrolle. Bei uns im Land ist es das Zusammenspiel von Umweltministerium, Landesuntersuchungsamt, Kreisveterinären und Lebensmittelkontrolleuren.

Gibt es Fälle, in denen ihre Kollegen von Vorgesetzten, also etwa Landräten oder Bürgermeistern, vorgeschrieben bekommen, wie eine Kontrolle ausfallen muss?

Leibig: Das kann immer wieder vorkommen, solange die Kommunen für die Lebensmittelkontrolle zuständig sind. Schließlich kann es im schlimmsten Fall bei der Kontrolle ja um Arbeitsplätze in der Region gehen. Aber im Großen und Ganzen können wir unsere Arbeit ungestört verrichten.

Solche Fleischskandale kann es also immer wieder geben.

Leibig: So ist es. Es kann nie eine hundertprozentige Kontrolle geben. Daher hat mich das Ausmaß des angeblichen Fleischskandals auch nicht überrascht.

Es könnte aber doch sein, dass dieses Gammelfleisch als Weihnachtsbraten auf den Tisch kommt.

Leibig: Nein, das so genannte Ekelfleisch geht in die Produktion von Großbetrieben etwa in Frikadellen oder in Wurst. Ein Verbraucher würde niemals ein solches Stück stinkendes Fleisch als Braten oder Steak kaufen oder essen. Obwohl das Fleisch nicht gesundheitsschädlich ist.

Wird billiges Fleisch in Discountern eigentlich weniger gut kontrolliert als Fleisch beim Metzger?

Leibig: Der Metzger hat eine andere Auswahl, er kann sein Fleisch aussuchen. Die Lebensmittel-Discounter bekommt das Fleisch fertig verpackt und weiß im Zweifel nicht, wo es herkommt. Aber es wird genauso gut oder genauso schlecht kontrolliert wie das Fleisch beim Metzger. Die Sicherheit hat nichts mit dem Preis des Fleisches zu tun.

Mit Charly Leibig sprach unser Redakteur Bernd Wientjes

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