Künftiger Parteichef Lewentz: „Die SPD hat noch Luft nach oben“

Mainz · Wachwechsel in der rheinland-pfälzischen SPD: Nach 19 Jahren an der Spitze der Partei tritt am Samstag, 10. November, in Mainz Kurt Beck ab. Roger Lewentz wird neuer Landesvorsitzender. Für ihn erfülle sich damit ein Traum, sagt Lewentz.

Künftiger Parteichef Lewentz: „Die SPD hat noch Luft nach oben“
Foto: F. v. Erichsen/Archiv

Am Ufer des Rheins in der Mainzer Rheingoldhalle werden am Samstag, 10. November, Tränen fließen. Tränen des Abschieds und der Wehmut, Tränen der Freude. "Es wird bewegende und emotionale Momente geben", sagt Roger Lewentz. Der rheinland-pfälzische Innenminister spricht im Interview mit TV-Redakteur Frank Giarra über seine Gefühle und Ziele.

Herr Lewentz, klopft Ihnen das Herz vor dem SPD-Landesparteitag?Roger Lewentz: Das kann man so sagen. Ich bin 1984 in die Partei eingetreten, habe die damals mitgliederstärkste Juso-AG im Land gegründet, bin Landesgeschäftsführer und Generalsekretär geworden. Ich habe mich sehr früh sehr intensiv in der SPD bewegt. Jetzt Parteichef zu werden, ist ein Traum.

Sind Sie stolz?Lewentz: Ja! Es wird schon ein merkwürdiges Gefühl sein, an der Ahnengalerie im Jockel-Fuchs-Haus ( Sitz des SPD-Landesverbands, Anm. d. Red.) vorbeizulaufen und dann dort mein Foto in einer Reihe mit Vorbildern wie Jockel Fuchs, Rudolf Scharping und Kurt Beck zu sehen. Und es ist auch ein schönes Gefühl, das Staffelholz zu übernehmen.

Sie haben bereits viel bewirkt, etwa als Generalsekretär.Lewentz: Ich habe damals gesagt, dass die SPD kampagnenfähig werden muss. Das ist gelungen. Nach der Landtagswahl 2001, die wir mit 44,7 Prozent gewonnen haben, haben wir eine Parteireform gemacht, die weitgehend eigenständigen Bezirke in Regionalverbände verwandelt und den Landesverband zur Entscheidungsebene gemacht. Nach der Wahl 2006 - absolute Mehrheit mit 45,6 Prozent - habe ich als Parteiratsvorsitzender viel nach innen gewirkt. Es ist mir wichtig, die Basis stark einzubinden.

Was verbindet Sie mit Ihrem Vorgänger Kurt Beck, welche Unterschiede gibt es?Lewentz: Die SPD ist für uns beide unsere Heimat. Ich bin einige Jahre jünger als Kurt Beck, und natürlich bin ich ein eigenständiger Mensch, der auch sein eigenes Profil als Landesvorsitzender entwickeln wird.

Durch die Nürburgring-Affäre ist die SPD aber stark angeschlagen. Jetzt muss auch noch das gesamte Kabinett von 2009 vor Gericht Rechenschaft ablegen.Lewentz: Der Nürburgring ist in der Tat nicht einfach und wird von vielen in der Partei als Belastung empfunden. Wir reden viel darüber und werden das auch in Zukunft weiter tun. Es gilt, die Partei mit Blick nach vorne aufzurichten.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte werden Sie setzen?Lewentz: Die Übersetzung bundespolitischer Themen auf Landesebene bleibt auf der Agenda. Bei den klassischen Themen müssen wir Antworten finden, etwa wie wir mit der Rente mit 67 umgehen oder wie wir soziale Gerechtigkeit organisieren.

Was wollen Sie verändern?Lewentz: Die rheinland-pfälzische SPD ist gut aufgestellt. Deswegen muss ich nichts revolutionieren. Aber wir müssen auch Wege finden, mehr jüngere Menschen für ein gesellschaftspolitisches Engagement zu begeistern. Das bringt der Partei neue Ideen. Die SPD ist noch immer die Nummer eins im Land und kampagnenfähig. Das wollen und werden wir bleiben, und wir haben noch Luft nach oben. Die Partei muss eigenständig und erkennbar sein, aber im Takt mit der Regierung funktionieren.

Apropos Regierung: Malu Dreyer wird Ministerpräsidentin. Birgt die Doppelspitze Gefahren?Lewentz: Es gibt kein Tandem und keine Troika. Malu Dreyer ist die klare Nummer eins. Doris Ahnen, Hendrik Hering, Theresia Riedmaier, ich und andere stehen geschlossen dahinter. Der Teamgedanke ist bei uns sehr ausgeprägt.

Sie und Frau Dreyer werden aber nicht immer gleicher Meinung sein.Lewentz: Wir stimmen uns immer sehr eng ab. Das klappt mit E-Mails und SMS schnell und effektiv. Es gibt bereits viel abzustimmen in Bezug auf ihre Wahl zur Ministerpräsidentin am 16. Januar und die Regierungserklärung am 30. Januar.

Wo steht Roger Lewentz? Eher links, rechts oder in der Mitte?Lewentz: Ich habe nie zu einem Flügel tendiert und fühle mich in der Mitte gut aufgehoben.

Im Bund werden Sie nun auf größere Aufmerksamkeit stoßen.Lewentz: Ich habe schon rund 30 Glückwünsche von Freunden aus der SPD-Führungsebene außerhalb von Rheinland-Pfalz bekommen. Man kennt sich ja von Bundesparteitagen oder Konventen, die für mich schon immer Pflichtprogramm waren. Die Runde des Bundesvorsitzenden mit den Landes- und Bezirksvorsitzenden kommt nun hinzu.

Sie werden zwei Hüte aufhaben, den des Parteichefs und den des Innenministers. Ist das zu schaffen?Lewentz: Ich habe seit Jahren eine 80-Stunden-Woche. Das ist kein Problem.

Die SPD stellt sich neu auf. Wie bewerten Sie die Position Ihrer Partei im Vergleich zur CDU?Lewentz: Ich bin gerne ein Teamplayer. Bei uns ist der Teamgedanke überall sehr ausgeprägt. Ich habe den Eindruck, auf der anderen Seite ist eine Einzelkämpferin am Werk.

Muss sich nun die CDU neu positionieren?Lewentz: Das kann ich mir bei Julia Klöckner nicht vorstellen. Sie ist so aufgestellt, dass sie es alleine machen möchte.

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