Kür statt Krönung

BAD KREUZNACH/MAINZ. Christoph Böhr ist der CDU-Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl. Doch der Weg der Union zur Geschlossenheit ist noch weit.

Minutenlanger Applaus für Christoph Böhr, die Delegierten in der Bad Kreuznacher Jakob-Kiefer-Halle stehen auf und intonieren rhythmisches Klatschen: Auch ein Landesparteitag weiß, auf was die Medienzunft mit Argusaugen achtet. Doch noch lange nicht jeder CDU-Parteifreund erhebt sich von seinem Sitz, und von stehenden Ovationen mit rauschendem Beifall kann keine Rede sein, als das Wahlergebnis für den Parteichef und Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2006 bekannt gegeben wird: 79,2 Prozent. Werden die elf Enthaltungen mit eingerechnet, was die Parteisatzung jedoch nicht vorsieht, liegt die Zustimmung noch bei 77,2 Prozent. Der Kandidat ist zwar mit breiter Mehrheit gekürt, von einem Krönungsakt allerdings, den sein in der Mitgliederbefragung unterlegener Herausforderer Peter Rauen angekündigt hatte, ist nichts zu spüren. Und das demonstrativ emotionslose Gesicht des Tagungspräsidenten und ausgewiesenen Böhr-Kritikers Georg Moesta, Vize-Chef des Parteibezirks Koblenz-Montabaur, spricht Bände, als er Böhr mit dürren Worten für dessen Rede dankt und später das Wahlergebnis bekannt gibt. Der befreit wirkende Landesvorsitzende hatte den knapp 440 Delegierten zuvor eindringlich ins Gewissen geredet, sprach von einem "handfesten Familienkrach", aber auch von einer Union, die zusammenhalte "wie Pech und Schwefel", wenn es darauf ankomme. Am Ende des Weges haben nach seiner Überzeugung trotz großen Verdrusses über den Kandidatenstreit alle gewonnen, weil die Mitglieder mobilisiert worden sind und ein eindeutiges Votum abgegeben haben. "Wir sind stärker als zuvor", so seine mutige Interpretation. Der bereits im Vorfeld gescheiterte Herausforderer Peter Rauen, der mit seinen Bezirkschef-Kollegen Joachim Hörster und Kurt Lechner die Runde der Böhr-Skeptiker anführte, verteidigte zwar den Kollisionskurs, wollte sich jedoch als sportlicher Verlierer auch um die Geschlossenheit der Partei verdient machen und rief zur Wahl Böhrs auf. Einzig Kurt Lechner sorgte für lautes Murren, als er sich gegen die Rolle des Quertreibers wehrte und erneut die zaudernde Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse als gewünschte Gegenkandidatin erwähnte, mit der man wohl erfolgreicher gewesen wäre. Nach vorne müssten alle stürmen, und zwar auf das gegnerische Tor, hatte Böhr die Delegierten gemahnt und gleichzeitig süffisant hinzugefügt, dass das Tor des Gegners "meistens vor einem liegt, nicht auf der eigenen Seite".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort