Kurven auf Kollisionskurs

TRIER. 1,6 Millionen Katholiken leben im Bistum Trier, rund 300 000 von ihnen zahlen Kirchensteuer. Doch auf Dauer reicht das nicht, um die Ausgaben der Kirche zu decken. Es muss gespart werden.

Die Vorstellung des Haushalts beim Bistum Trier gleicht seit Jahren einem Ritual: Generalvikar Werner Rössel kündigt an, dass heftig gespart werden muss, sagt aber noch nicht konkret, was auf der Streichliste steht. Finanz-Chef Bernd Franken erklärt, warum die Unwägbarkeiten der Politik auch diesen Haushaltsplan wieder zur Makulatur werden lassen können und dass er vorsichtshalber mit dem schlechtesten aller möglichen Szenarien gerechnet hat. Und Haushälter Markus Müller nimmt schließlich die Ausgabenseite im Detail unter die Lupe und kommt wie immer zum Schluss, dass die Personalausgaben dem Bistum am meisten zu schaffen machen. Finanziell gesund, gespart wird trotzdem

Das Ritual 2004: "Das Bistum ist finanziell gesund und soll es auch bleiben", sagt Werner Rössel. "Folglich gilt: Sparen ist angesagt." Die von ihm geleitete Sparkommission werde dem Bischof bald Vorschläge unterbreiten, die Diskussion darüber werde "gewiss keine ganz einfache sein". Die Zahlen dazu kommen von Bernd Franken: Durch die Stufen zwei und drei der Steuerreform fehlen dem Bistum in diesem Jahr neun Millionen Euro bei der Kirchensteuer und weitere vier Millionen möglicherweise im kommenden Jahr. Der geplante Haushalt 2004 schließt daher bei Einnahmen von 294 Millionen Euro und Ausgaben von 307 Millionen erstmals seit Jahren wieder mit einem deutlichen Minus ab: 13 Millionen Euro müssen möglicherweise aus Rücklagen entnommen werden. Die liegen immerhin noch bei rund 200 Millionen Euro. 69,2 Prozent der Kosten im Bistumshaushalt sind Personalkosten für die 2450 Vollzeitstellen beim Bistum und die rund 12 000 teil- und vollzeit Beschäftigten bei den Kirchengemeinden. Abgesehen vom Defizit also 2004 "the same procedure as every year" (der gleiche Ablauf wie jedes Jahr) - wie Bistumssprecher Stephan Kronenburg bei der Pressekonferenz meint. Doch der Blick auf die prognostizierte Entwicklung der Bistumsfinanzen (siehe Grafik) zeigt, warum Werner Rössel und Bernd Franken die Vorstellung der seit Jahren angekündigten Sparmaßnahmen nun für die nächsten Wochen und deren Umsetzung für dieses Jahr in Aussicht stellen. Die Kurve mit den Kirchensteuer-Einnahmen und die mit Personalausgaben nähern sich immer mehr an. 2005 werden die kompletten Steuereinnahmen von den Personalkosten aufgefressen. Wird nicht mit Einsparungen gegengesteuert, dann wird der Handlungsspielraum des Bistums nur noch so groß sein wie die Spendenbereitschaft der Gläubigen und der jährliche Griff in die Rücklagen. Das aber wollen die Verantwortlichen im Generalvikariat unbedingt vermeiden. Während sich andere Bistümer bei der Suche nach Einsparungen schon von externen Wirtschaftsprüfern beraten lassen, setzt das Bistum Trier auf eigene Ideen. Eine von Rössel geleitete Arbeitsgruppe zerbricht sich derzeit den Kopf über Einsparungen und will noch in den nächsten Wochen dem Bischof Vorschläge machen. Ziel ist, zehn Prozent des Haushaltsvolumens, also rund 30 Millionen Euro, einzusparen. Laut Rössel sollen die Sparmaßnahmen noch in diesem Jahr beginnen, und "strukturell" sein. "Es geht um kalkulierte, bewusste, langfristige Weichenstellungen", sagt Rössel, "es geht um eine Aufgabendiskussion." Gerade deshalb werden die Ergebnisse sich wohl noch nicht im nächsten Haushalt in Euro und Cent ausdrücken lassen, warnt Bernd Franken schon vorab. Das Ritual zur Haushaltspräsentation ist also auch für 2005 gesichert. KOMMENTAR SEITE 2

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