Kurvenflitzer im Test

TRIER. Die Bahn testet eine neue ICE-Baureihe auf der Saarstrecke. Bis Ostern soll in den engen Kurven vor allem das Neigeverhalten des Zuges überprüft werden, um Pannen wie beim Vorgänger ausschließen zu können.

Von wegen, die Region wird vom Fernverkehrsnetz abgekoppelt. Seit einigen Tagen fährt zwischen Trier und dem saarländischen Dillingen sogar ein moderner Intercity-Express (ICE) mit Neigetechnik. Hat die Bahn auf die Proteste der Mandatsträger gehört? Gibt es neue, schnelle Verbindungen von Trier aus? Ist nichts dran, an den Gerüchten, dass es bald keine Fernzüge mehr in der Region geben soll? Alles falsch. Zwar fährt derzeit regelmäßig, mehrmals am Tag das rot-weiße Flaggschiff der Bahn auf der Saarstrecke, allerdings ohne Passagiere. Auf der kurvenreiche Strecke entlang der Saar wird bis Ostern die zweite Baureihe des ICE 411 getestet. Laut Bahnsprecher Hartmut Lange handelt sich bei den Fahrten um Zulassungsfahrten des Herstellers Siemens für sechs Fahrzeuge dieser Baureihe des Neigetechnik-ICE. Diese Tests sind vorgeschrieben, bevor die Züge fahrplanmäßig eingesetzt werden. Vorgeschrieben und notwendig. Denn Hintergrund dürfte auch sein, dass die Vorgängerreihe vor allem durch Pannen Schlagzeilen machte. Einmal fiel die Neigetechnik aus, dann streikten die Klima-Anlagen. Das alles soll nun bei der optimierten Version besser werden, versprechen die Hersteller (Neben Siemens gehören dazu die Unternehmen Bombardier und Alstom). Die Bahn hat insgesamt 28 siebenteilige Hochgeschwindigkeitszüge der zweiten Generation für rund 420 Millionen Euro gekauft. Die ersten davon sind bereits ausgeliefert. Bis Februar 2006 sollen alle im Einsatz sein. Von der ersten Baureihe der Neige-ICE fahren derzeit 43. Vorteil der Neigetechnik soll sein, dass die Züge auch auf Strecken, die nicht ausgebaut werden können und besonders kurvenreich sind 30 Prozent schneller sein sollen als herkömmliche Züge. Sie können damit auch auf Altstrecken fahren, die Bahn braucht für sie nicht weitere Millionen teure Neubaustrecken zu bauen. Bis zu 230 Stundenkilometer sollen die neuen ICE-Züge erreichen. Sie können sich in Kurven um acht Grad neigen. Die Neigetechnik wurde in Italien hergestellt und dort dem Pendolino abgeschaut. Auf der Saarstrecke wurden bereits öfter neue Züge vor ihrem Einsatz getestet. Vor allem wegen der engen Gleisbögen und zahlreichen Kurven zwischen Konz und Mettlach ist die Strecke bei den Prüf-Ingenieuren beliebt. So wurde vor sechs Jahren die allererste ICE-Generation auf den 60 Kilometer zwischen Trier und Dillingen auf Herz und Nieren getestet. Auch der Nachfolger des als "Pannen-Pendolinos" Schlagzeilen gemachten Neitech-Nahverkehrszug VT 612 hatte auf der Saarstrecke seinen ersten Einsatz, bevor die ersten Passagiere in dem Kurvenflitzer mitfahren durften. Auch der im Nahverkehr eingesetzte Dieseltriebwagen Talent hatte Mitte der 90-er-Jahre seine Premiere auf der landschaftlich reizvollen Strecke. Bevor die Ingenieure das Saartal für ihre Testfahrten entdeckten, wurden neue Züge zumeist in der bayrischen Oberpfalz vor ihren Einsätzen geprüft. Doch nach der Widervereinigung hatte der Bahnverkehr Richtung Sachsen zugenommen, so dass eine neue Teststreckegesucht werden musste. Leider wurden die wenigsten zwischen Trier und dem Saarland getesteten Züge wieder dort gesehen. Daher ist es auch mehr als unwahrscheinlich, dass der neue Neige-ICE irgendwann mal dort fahrplanmäßig verkehren wird.

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