Lächeln zu zaubern ist mehr als ein Spiel

TRIER. Ein Lächeln ist ihr Ziel: 32 Ehrenamtliche besuchen regelmäßig Kinder im Trierer Mutterhaus. Was sie dort tun, ist weit mehr als Spielen und Vorlesen.

Von der Decke baumelt Biene Maja, auf der Wand unterhält sich Mogli mit dem Affenkönig und hinter den breiten Türen des Flures liegen kranke Kinder. Manche von ihnen haben Krebs. Andere, nur wenige Türen weiter, eine Platzwunde oder ein gebrochenes Bein. Sie verbringen viel Zeit im Krankenhaus. Viel Zeit, die allzu langsam vergeht, wenn nichts sie von ihrer Situation ablenkt. Ihre Eltern können nicht ununterbrochen bei ihnen sein: Da sind Geschwister, um die sie sich kümmern müssen, ein Beruf oder einfach nur das Bedürfnis nach einer kurzen Auszeit. Und wenn man in Daun, Traben-Trarbach oder Freudenburg wohnt, ist der Weg nach Trier ganz schön weit. Dass die Eltern nicht da sind, heißt nicht, dass die Kinder alleine bleiben. Denn damit das nicht so oft vorkommt, gibt es den "Krankenhaus-Besuchsdienst" des Kinderschutzbundes. 32 Ehrenamtliche, fast alle Frauen, haben sich verpflichtet, wöchentlich mehrere Stunden in einer Kinder-Station des Trierer Mutterhauses zu verbringen. Manche der Kinder, die sie besuchen, kommen auch aus zerrütteten Familien. Ihre Eltern kümmern sich nur schlecht um sie. Andere werden von Hilfsorganisationen sogar aus Kriegsgebieten eingeflogen, um ihre Verletzungen hier behandeln zu lassen. Gerade für diese Kinder, die sonst niemanden haben, ist die Arbeit des Besuchsdienstes besonders wichtig. Die Frauen spielen oder basteln mit den Kindern, lesen vor, hören zu, sind einfach da. "Aber das, was wir machen, ist nicht nur vorlesen oder spielen. Es ist mehr, viel mehr", sagt Helga Nathow. Sie besucht bereits seit acht Jahren regelmäßig Kinder im Krankenhaus. Es sei ein Geben und Nehmen. Es ist ein Nehmen, denn ein Lächeln kann Belohnung sein. Ein Nehmen, weil es den Besucherinnen Spaß macht, sich um Kinder zu kümmern. Ein Nehmen, weil es gut tut, Gutes zu tun. "Am schönsten ist es, wenn ein Kind fragt: ,Kommst du morgen wieder?'", sagt Nathows Kollegin Rosemarie Meyer. Es ist aber auch ein Geben, denn Vorlesen ist nur scheinbar eine leichte Aufgabe. Einem verletzten Kind vorzulesen, das wenige Stunden zuvor seine Geschwister verloren hat, ist schwer. Und das erblindete Mädchen? Wie soll man mit ihr spielen, wenn sie doch nichts sieht? Und der Schreck, den der Anblick eines entstellten Kindergesichts auslöst, hat er sich auch nicht zu deutlich in das eigene Gesicht geschlichen? "Wir sind da, um da zu sein"

Sich die eigene Traurigkeit nicht anmerken lassen und die Hilflosigkeit überwinden - das ist schwer. "Ich sage mir dann: Ich muss jetzt stark sein. Ich will jetzt gar nichts weiter, als diesem Kind in zwei Stunden ein wenig Freude zu bringen", sagt Helga Nathow. "Wir müssen völlig unvoreingenommen an das Bett treten", sagt auch Rosemarie Meyer. Selbst wenn sie wissen, dass das Kind aus schwierigen Familienverhältnissen kommt oder ahnen, dass es unheilbar krank ist. Und sie müssen sich selbst zurücknehmen. Auch, wenn sie es für schlecht halten, dass der Vater das Kind mit Fast-Food vollstopft. "Wir sind keine Erzieher, wir sind da, um da zu sein", sagt Rosemarie Meyer. Damit die Helferinnen die Belastungen verkraften, gehört die monatliche Supervision durch eine Psychologin zu den Pflichtterminen ihres Ehrenamts. Im Gruppengespräch tauschen die "Besucher" ihre Erfahrungen aus. "Wir lernen, uns nicht unter Druck zu setzten", sagt Meyer. Hinterher fühle sie sich immer freier, könne lockerer auf die Kinder zugehen. Zurzeit findet die monatliche Supervision im beengten Raum einer Malgruppe statt. Vor und nach der Besprechung sind - inmitten von Farbpaletten und unfertigen Bildern - Tische-Tragen und Stühle-Rücken angesagt. Und in der Mitte des Raumes steht eine Säule. "Dabei wäre es wichtig, dass wir uns alle ansehen können", sagt Doris Spross, die Leiterin des Kinderbesuchsdienstes. Auch die 32 "Besucherinnen" träumen den Traum von der "Burg". Sie könnte einen besseren Raum zur Verfügung stellen.

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