Land entwickelt Masterplan fürs Älterwerden

Mainz · Die Landesregierung bündelt ihre Aktivitäten zur Gestaltung des demografischen Wandels. Alle Gesetze und Verordnungen werden künftig geprüft, ob sie das Älterwerden und Schrumpfen der Bevölkerung berücksichtigen.

Mainz. Wir werden älter, wir werden weniger. Bis 2050 werden laut Demografieministerium - dem einzigen seiner Art in Deutschland - rund 32,6 Prozent der Bevölkerung in Rheinland-Pfalz älter als 60 Jahre sein, etwa 14,1 Prozent älter als 80. Gleichzeitig wird der Anteil junger Menschen zurückgehen und die Bevölkerungszahl auf unter vier Millionen Einwohner sinken. Die Auswirkungen sind bereits deutlich spürbar, etwa beim Fachkräftemangel für die Wirtschaft.
"Demografie geht uns alle in allen Bereichen an", sagt die zuständige Ministerin Malu Dreyer (SPD). Als Beispiel nennt sie das Tariftreuegesetz des Landes, das auf den ersten Blick Mindestlöhne sichert, aber scheinbar nichts mit Demografie zu tun hat. "Da es um die Bekämpfung der Altersarmut geht, hat es doch etwas mit Demografie zu tun", sagt Dreyer.
Das Kabinett hat am Dienstag ihren Masterplan gebilligt, um den demografischen Wandel zu beeinflussen und dessen Auswirkungen zu gestalten. Die Regierung folgt vier strategischen Leitlinien:
DieChancen betonen (nicht die Risiken),
die Planungsprozesse stärker abstimmen,
denZusammenhalt der Generationen sichern,
dieZusammenarbeit aller Akteure (Land, Kommunen, Kammern) gewährleisten.
Eine interministerielle Arbeitsgruppe soll für eine bessere Abstimmung der Arbeit in den einzelnen Ministerien sorgen. Sie soll auch neue Impulse geben und nach einem Jahr einen Zwischenbericht über den Stand der Umsetzung liefern. Im ersten Schritt hat die Arbeitsgruppe zusammengestellt, was in den Ministerien bereits läuft und was noch geplant ist. Alleine das füllt 22 DIN-A-4-Seiten.
Die Aktivitäten reichen von Familien- und Integrationspolitik über Gesundheit und Pflege bis hin zu Finanzen und Verbraucherschutz. Es geht etwa darum, neue Wohnformen für das Wohnen im Alter zu entwickeln, die Dorfkerne zu stärken sowie Nahversorgung, Mobilität, medizinische und pflegerische Qualität zu sichern. Auch Schul- und Betreuungsangebote für Jüngere in den ländlichen Regionen sollen erhalten werden, obwohl der Anteil junger Menschen an der Bevölkerung sinken wird.
Christiane Liesenfeld, Leiterin der interministeriellen Arbeitsgruppe, kündigt an: "Wir werden jetzt intensiv an die Arbeit gehen und eine Prioritätenliste der Maßnahmen erstellen." Erste Maßnahme der AG ist ein Demografie-Check, dem alle Gesetze und Verordnungen unterzogen werden. Dazu wurde ein Katalog mit vier grundsätzlichen und 15 ergänzenden Fragen entworfen, die im Gesetzgebungsverfahren beachtet werden müssen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Alters- und Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt wird. Dreyer nennt ein Beispiel, wo sich der Demografie-Check auswirken soll: "Fördern wir ein Bürgerhaus in einer Gemeinde, obwohl sie nur wenige Einwohner hat und künftig noch weniger haben wird?" So etwas sei zwar schon in der Vergangenheit geprüft worden, "aber jetzt wird es zur Regel gemacht".
Nach einer etwa zweijährigen Probephase sollen die Prüfkriterien auch auf Investitionen, Zuwendungsbescheide und Richtlinien ausgedehnt werden.
Die Landesregierung will auch politisch heiße Eisen anpacken. "Wir werden das Thema gesteuerte Zuwanderung stärker beleuchten", kündigt die Sozialministerin an. Das große Potenzial von Migranten, also Menschen mit ausländischen Wurzeln, müsse besser genutzt werden.
Um die Arbeit der Landesregierung im wichtigen Bereich Demografie nach außen sichtbarer zu machen, wird bis Juni eine neue Internetseite erstellt.Extra

CDU-Landeschefin Julia Klöckner begrüßt "ausdrücklich, dass die Landesregierung dem Querschnittsthema Demografie endlich einen neuen Stellenwert geben möchte". Jahre seien verloren worden. Im Juni 2010 habe Ministerpräsident Kurt Beck im Trierischen Volksfreund den CDU-Vorschlag zur Bündelung aller Aktivitäten unter dem Dach eines Ministeriums abgelehnt. Auch die CDU-Idee eines Demografie-Checks aller Gesetze sei verworfen worden.fcg

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