Land streitet mit Brüssel um Entsorgung toter Tiere

Mainz · Soll das Entsorgen toter Tiere eine öffentlich-rechtliche Aufgabe bleiben oder privatisiert werden? Das ist im Kern die Streitfrage zwischen der EU-Kommission auf der einen und Bund, Land und Kommunen auf der anderen Seite.

 Die Tierkörperbeseitigungsanlage in Rivenich. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

Die Tierkörperbeseitigungsanlage in Rivenich. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

Mainz. Landkreise und kreisfreie Städte in Rheinland-Pfalz sind verpflichtet, landwirtschaftliche Kadaver, Schlachtabfälle oder tote Haustiere zu entsorgen. Um diese Aufgabe zu erfüllen und Tierseuchen zu vermeiden, gründeten sie 1979 den Zweckverband Tierkörperbeseitigung mit Anlagen in Rivenich (Kreis Bernkastel-Wittlich) und Sandersmühle (Rhein-Lahn-Kreis). Die 44 Verbandsmitglieder zahlen dem Zweckverband jährlich 1,7 Millionen Euro Umlage. Dieser gleicht damit sein Defizit aus, denn die Anlagen sind nicht ausgelastet.
An eben diesen Zahlungen hat sich ein politischer Streit entzündet, der seit vier Jahren andauert: Die EU-Kommission sieht eine Wettbewerbsverzerrung, hat ein Beihilfeverfahren eingeleitet und droht, 42 Millionen Euro zurückzufordern. Brüssel verlangt eine öffentliche Ausschreibung, also eine Privatisierung.Kabinett billigt Gesetzentwurf


Zuständig für die Entsorgung sind laut Umweltministerium in allen Bundesländern außer Schleswig-Holstein die Kommunen. Und auf deren ausdrücklichen Wunsch hin solle das in Rheinland-Pfalz auch eine hoheitliche Aufgabe bleiben, sagt Umweltstaatssekretär Thomas Griese. Das Land unterstütze Kreise und kreisfreie Städte. Seit einem Jahr werde intensiv mit der EU verhandelt.
Ein Gesetzentwurf des Landes ist nach Abstimmung mit dem kommunalen Rat überarbeitet und gestern vom Mainzer Kabinett gebilligt worden. Er werde von Brüssel als erster richtiger Schritt begrüßt, sagt Griese.
Der Entwurf sieht vor, dass der Zweckverband aufgelöst wird. Eine Alternative gebe es nicht, denn der Verband habe kein Geld, um die EU-Rückzahlungsforderung über 42 Millionen Euro zu begleichen, betont Umweltministerin Ulrike Höfken. Die Kommunen müssten sich dann überlegen, welche neue Einrichtung mit welcher Rechtsform sie gründen wollen. Alle Kommunen müssten dieser beitreten, das sei im Gesetzentwurf so vorgesehen. Das Land lasse ihnen ansonsten beim Neustart "großen Spielraum".CDU unzufrieden


Der grundsätzliche Streit mit Brüssel bleibt trotz des Gesetzentwurfes bestehen. Denn die Wettbewerbshüter beharren auf einer Ausschreibung der Tierkörperbeseitigung und des Betriebs der Anlagen - obwohl es in Deutschland offenbar nur eine private Firma gibt, die diese Leistungen erbringen könnte. Ministerin Höfken spricht von einem "Dissens". Man werde gemeinsam mit dem Bund versuchen, die EU zu überzeugen. Hoffnung mache, dass der Europäische Gerichtshof kritische Fragen an die Kommission gerichtet habe.
Die CDU ist unzufrieden mit dem Verfahrensstand. In den vergangenen zwei Jahren sei "so gut wie nichts passiert", kritisierte Arnold Schmitt gestern im Umweltausschuss des Landtags. Kreise, Städte und 116 Mitarbeiter wüssten nicht, wie es weitergehe. Thorsten Wehner (SPD) appellierte, an einem Strang zu ziehen. "Es ist eine schwierige Problematik, und es kann teuer werden." Das Land versuche mit dem Bund, "die Kuh für die Kommunen vom Eis zu holen".Extra

Der Zweckverband Tierkörperbeseitigung ist grundsätzlich auch für kleinere Heimtiere wie Hunde, Katzen, Meerschweinchen und andere Tiere zuständig. Er beseitigt Kadaver, die beim Tierarzt oder an Sammelstellen abgegeben werden. Allerdings sehen die Vorschriften für Tierbesitzer Ausnahmen und Erleichterungen vor. So dürfen toteTiere etwa im eigenen Garten begraben werden, wenn dabei die tierseuchenrechtlichen Erfordernisse beachtet werden. Ein Vergraben ist also nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig. red

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