Landesparteitag Nach FDP-Landesparteitag: Stehen die Zeichen im Land auch nach 2021 auf Ampel?

Deidesheim · FDP-Landeschef Volker Wissing bedauert beim Parteitag die gewachsene Distanz zur CDU – und peilt in der Regierung neue Akzente an. Ambitionen haben die Liberalen besonders in der Infrastruktur.

Landesparteitag
Foto: Volksfreund/Florian Schlecht

Deidesheim ist ein 3700-Einwohner-Städtchen, in das Helmut Kohl einst internationale Staatsgäste einlud. Legenden besagen, der Altkanzler habe den einstigen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow dort auf den Geschmack von Saumagen gebracht. So ganz ist dem pfälzischen Kurort der Mix aus Politik und Delikatessen nicht verloren gegangen. Wie am Wochenende. Da bringt die rheinland-pfälzische Wirtschaftsstaatssekretärin Daniela Schmitt dem FDP-Landeschef Volker Wissing einen Teller mit Schweinefilet und Spargelsalat. Für Wissing ist es die richtige Stärkung, kurz nachdem er sich beim Landesparteitag gegenüber den 192 Delegierten in Rage geredet hat. Ein Thema dabei: Die Verteidigung, warum die FDP im Bund auf ein Jamaika-Bündnis mit Union und Grünen verzichtet hat.

Wissing, längst nicht mehr als glühender Fan der CDU bekannt, unterstreicht dort noch einmal seine Distanz. „Es ist das Recht der freien Demokraten, Nein zu einer Politik zu sagen, die die Wähler frustriert und den rechten Rand gestärkt hat“, sagt der FDP-Politiker unter Applaus in Richtung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Doch auch der Draht zwischen Union und Liberalen im Land ist mit dem Jamaika-Aus abgekühlt, besonders der von Volker Wissing und CDU-Landeschefin Julia Klöckner, die sich danach öffentlich nicht mit Vorwürfen schonten. Im Gespräch mit dem TV sagt Wissing: „Ich bedauere sehr, dass sich die CDU im Land nach Jamaika so abgewandt hat. Das Verhältnis war schon mal besser.“ Es könne aber wieder besser werden, legt er nach. Mit Blick auf Christian Baldauf – Fraktionschef der CDU im Landtag und Nachfolger der ins Bundesagrarministerium abgewanderten Klöckner – sagt er: „Ich bin gespannt, ob der neue Fraktionsvorsitzende mit einer größeren Sensibilität rangeht als seine Vorgängerin.“

Zwischen den Zeilen bleibt dann aber auch stehen, dass ein schwarz-gelbes Bündnis nach der Landtagswahl 2021 momentan in weiter Ferne ist. Ohnehin stehen die Zeichen unter Wissing nach wie vor auf Ampel, deren rot-gelb-grüne Arbeit er nach fast zwei Jahren lobt und besonders die liberale Handschrift hervorhebt. 500 Millionen Euro habe das Land im vergangenen Jahr in Straßen verbaut. „Das sind die höchsten Investitionen in der Geschichte dieses Bundeslandes“, sagt Wissing. Fast 80 Ingenieure habe das Land für Straßenbau eingestellt, der Lückenschluss der A1 sei im vollen Gange, sagt Wissing vor den Delegierten in Deidesheim. Mit dem Meisterbonus, der Abschlüsse mit 1000 Euro belohnt, seien wichtige Weichen gestellt. Um 4,4 Prozent seien Ausbildungsplätze im Handwerk gestiegen, sagt Wissing, der beim schnellen Internet Glasfaserverkabelung im ganzen Land fordert. Allerdings schwingt in der Rede des FDP-Landeschefs auch ein kritischer Ton mit. Wie in der Bildungspolitik, die die SPD verantwortet. Es müsse das Ziel sein, bei der Unterrichtsversorgung die 100 Prozent zu erreichen, fordert er.

Und auch neue Akzente will die Partei im Land setzen. Die FDP will eine Debatte darüber anstoßen, Ladenöffnungszeiten auszuweiten.In der Infrastruktur planen sie, das Radwegenetz, den Personennahverkehr und Bürgerbusse auf dem Land auszubauen. Einen Leitantrag verabschieden sie mehrheitlich. Es ist eins der wenigen Male an diesem Tag, wo ein Delegierter laut protestiert. „Sind wir noch in der richtigen Partei, oder überholen wir die Grünen bald auf dem Fahrrad?“, spöttelt ein FDP-Mann. Ein anderer Delegierter warnt, die FDP verliere in den Kommunen an Zustimmung. Der größte Kritiker des Ampelbündnisses ist an dem Tag ohnehin nicht da. Alexander Buda, jüngst als Bezirksvorsitzender von Koblenz abgewählt, weilt nicht in Deidesheim. Er postet auf Facebook lieber ein Selfie vor dem Trump Tower, den er in New York besucht. Und Wissing? Er bekommt Rückendeckung für seinen Kurs. Von den Delegierten erntet der Wirtschaftsminister nach seiner Rede lange stehenden Applaus.

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