Landtag vor turbulenter Sitzung

Mainz · Am Vortag der Sondersitzung des rheinland-pfälzischen Landtags hat die CDU-Opposition noch einmal den Druck auf die rot-grüne Landesregierung erhöht. Die Fraktion präsentierte gestern ein aktualisiertes Rechtsgutachten: In diesem warnen die Autoren davor, eine Haushaltsrücklage in der Höhe von 254 Millionen Euro zu aktivieren.

Mainz. Mit dem Geld aus der Rücklage soll ein 330-Millionen-Euro-Kredit der landeseigenen Investitions- und Strukturbank (ISB) teilweise abgelöst werden. - dieses Darlehen kann die insolvente Nürburgring GmbH nicht mehr bedienen.
Die Opposition hält den Kredit und die Landesbürgschaft für unvereinbar mit dem EU-Beihilferecht. Ihrer Einschätzung nach gilt ein Durchführungsverbot bis zur endgültigen Klärung. Dieses blockiert nach Überzeugung des Gutachters Clemens Antweiler auch die Aktivierung der Rücklage. Der Düsseldorfer Jurist beunruhigte Rot-Grün mit seiner Einschätzung, dass sich jeder wegen Untreue strafbar machen kann, der an dieser Vermögensverfügung mitwirkt. Daraufhin schalteten SPD und Grüne den Wissenschaftlichen Dienst des Landtags ein. Dessen Fachleute gaben für die Abgeordneten der Regierungsparteien Entwarnung. Sie können keinesfalls belangt werden. SPD-Generalsekretär Alexander Schweitzer blies munter zur Gegenoffensive: "Die CDU will Abgeordnete einschüchtern. Dagegen muss sich jeder rechtschaffene Mensch in Rheinland-Pfalz wehren!"
Doch CDU-Chefin Julia Klöckner und Gutachter Antweiler hatten gar nicht so sehr die Abgeordneten im Blick, sondern sehr viel mehr die Regierung. "Abgeordnete sind vor Strafverfolgung geschützt, nicht aber die Landesregierung", meinte Klöckner. Und Antweiler erklärte im überfüllten großen Sitzungssaal der CDU-Fraktion: "Es geht hier vielmehr um Minister, ihre Mitarbeiter und vielleicht den Ministerpräsidenten." Letztlich sind diejenigen seiner Überzeugung nach betroffen, "die die Zahlungsverfügung unterschreiben". Diese Rechtsauffassung bestätigten auch andere Juristen. Die Regierung werde sich im Ernstfall nicht auf eine etwaige Entscheidung des Haupt- und Finanzausschusses, also der gewählten Volksvertreter, berufen können. Denn sie müsse (und dürfe) nichts umsetzen, was gegen Recht und Gesetz verstößt. Klöckner appellierte zudem an die Abgeordneten von Rot-Grün "ihrem Gewissen zu folgen" und nicht der Parteilinie.
In der Sache sind Antweiler und die CDU der Überzeugung, dass der ISB jetzt auf anderen Wegen als mit der umstrittenen Rücklage geholfen werden muss - etwa, indem die Regierung eine neue Rettungsbeihilfe beantragt. Die Opposition fordert den engen Schulterschluss mit der EU.
Das hatte Rot-Grün in jüngerer Zeit auch immer zugesagt. Im anstehenden Falle will die Regierung die Rücklage aber offenbar ohne weitere Konsultationen mit Brüssel aktivieren. "Rot-Grün hält sich nicht an die Spielregeln", so der Jurist Clemens Antweiler, der der Landesregierung insgesamt eine "dilettantische" Vorgehensweise attestierte.

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