Lebenslange Haft für 28-jährigen Trierer: "Der Mann ist böse, richtig böse"
Trier · Äußerlich regungslos hat ein 28-jähriger Trierer gestern seine Verurteilung zu einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes aufgenommen. Das Trierer Landgericht bescheinigte ihm, gefühllos und brutal zu sein.
Trier. Es kommt selten vor, dass sich eine Verteidigerin durch Justizwachtmeister im Gerichtssaal schützen lässt - und zwar vor dem Angeklagten. Für den sie versucht, ein möglichst mildes Urteil zu erkämpfen und das Gericht davon zu überzeugen, dass der Angeklagte vielleicht doch nicht so gefährlich ist, wie es etwa die Staatsanwaltschaft glaubt. Doch offensichtlich ist die Trie- rer Rechtsanwältin Sylvia Karrenbauer davon gestern selbst nicht mehr überzeugt. Offensichtlich hat sie Angst vor dem Mann, den sie seit vier Wochen vor dem Trierer Landgericht gegen die Mord-Vorwürfe verteidigt hat. Für den sie eine zehnjährige Haftstrafe wegen Totschlags gefordert hat.
Bevor die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz kurz nach elf Uhr das Urteil verkündet, setzt sich ein Wachtmeister zwischen Karrenbauer und den 28-jährigen Trierer. Ein weiterer schützt den Aufgang zum Richterpult, womöglich aus Angst, der Trierer könnte bei der Urteilsverkündung die drei Berufsrichter und die beiden Schöffen angreifen.
Doch der 28-Jährige nimmt das Urteil äußerlich regungslos entgegen. Lebenslang - weil er am 13. Dezember vergangenen Jahres seine Freundin erstochen hat. Brutal, ja kaltblütig soll er in der gemeinsamen Wohnung in Breit (Bernkastel-Wittlich) zehn Mal auf das wehrlose Opfer eingestochen haben.
Mit einer solchen Wucht, dass beim zehnten Stich die Spitze des 16 Zentimeter langen Steakmessers im Bein der Frau stecken bleibt und sie verblutet, bevor ein Notarzt eintrifft.
"Der Mann ist böse, richtig böse", sagt ein Ermittler dem TV. Er hält ihn für eiskalt und gefühllos.
Diese Gefühllosigkeit hat der gelernte Berufskraftfahrer auch während des seit Ende Mai laufenden Prozesses immer wieder gezeigt. Als etwa eine Ex-Freundin vor Gericht berichtete, dass er während der Beziehung immer wieder wegen Nichtigkeiten ausgerastet sei, sie geschlagen und ihr schließlich die Nase gebrochen habe, schüttelte der Angeklagte immer wieder den Kopf, grinste sogar. Und das, obwohl die Zeugin noch immer sichtlich Angst vor ihm hat.
Nicht nur gegenüber seiner Ex-Freundin verhält sich der Angeklagte im Gerichtssaal provozierend und scheinbar aggressiv; immer wieder starrt er sie vorwurfsvoll an - genau wie die Mutter der 23-Jährigen, deren Ehemann und die Schwester des Opfers. Sie sind als Nebenkläger vertreten. Während seine Verteidigerin gleich zu Beginn des Prozesses den Angehörigen ihr Mitgefühl ausdrückt, lässt der 28-Jährige keine Anteilnahme oder gar Reue erkennen. Er habe kein Einfühlungsvermögen, bescheinigt ihm denn auch die Richterin und spricht von einer "auffälligen Persönlichkeit".
Er habe die 23-Jährige nicht getötet, sagt der Angeklagte am vorletzten Verhandlungstag. Doch an der Tat besteht nach Ansicht des Gerichts kein Zweifel. Es gebe keinen anderen Täter, sagt Richterin Schmitz. Weder der Ehemann noch der damalige Freund der Mutter des Opfers kämen als Täter infrage.
Beide sind am Abend des 13. Dezember mit der 23-Jährigen nach Breit gekommen, um die letzten Sachen aus der Wohnung zu holen. Dort wo schon der Weihnachtsbaum gestanden haben soll, um mit den beiden jüngsten Kindern noch Weihnachten zu feiern. Obwohl schon klar gewesen ist, dass sich das Paar trennen werde. Im neuen Jahr wollte er aus der Wohnung in Breit ausziehen. Doch die verheiratete Frau, die er auch übers Internet kennengelernt hatte, hat sich am 13. Dezember wohl entschieden, nachdem er sie wieder einmal verprügelt hat, vorzeitig auszuziehen. Zurückzugehen zu ihrem Ehemann, dem Vater ihrer beiden jüngsten Kinder. Die eingereichte Scheidung hat sie ein paar Stunden, bevor sie ermordet worden ist, zurückgezogen.
Insofern habe der Ehemann kein Motiv gehabt, seine Frau umzubringen, sagt die Richterin. Ebenso wenig der Begleiter.
Verteidigerin Karrenbauer hat während des Prozesses den Ex-Freund der Mutter der Getöteten als möglichen Täter ins Spiel gebracht, weil er beim Notruf nach der Bluttat von sechs Messerstichen in den Rücken der Frau gesprochen haben soll. Das sei Täterwissen, hat die Anwältin argumentiert - und beantragt, den Polizisten, der den Anruf des Mannes entgegengenommen hat, zu vernehmen. Das Gericht ist dem Antrag gefolgt. Doch neue Erkenntnisse haben sich aus der Vernehmung des Beamten nicht ergeben.
"Wenn ich sie nicht kriege, dann kriegt sie keiner", soll der 28-Jährige kurz nach der Tat zu dem Ex-Freund der Mutter gesagt haben. Und genau darin sieht die Richterin das Motiv für die Tat. Er sei darüber gekränkt gewesen, dass die Frau zurückgehe zu ihrem Mann. Dass er die Kontrolle über sie verliere. Ob man denn bestraft werde, wenn man zwei Jahre lang "verarscht" werde, hat er wohl kurz nach seiner Festnahme einen Polizisten gefragt. Vermutlich hat er damit das ständige Hin und Her in der Beziehung zu der 23-Jährigen gemeint, die sich nicht entscheiden konnte zwischen ihm und ihrem Ehemann. Die junge Frau habe zwischen zwei Stühlen gesessen, sagt die Richterin. Und macht aber auch gleich dem Angeklagten klar: "Wer sich in eine solche Beziehung begibt, der muss damit rechnen." Ein Grund, jemanden zu töten, sei das nicht.
Auch wenn seine Verteidigerin das Urteil vom Bundesgerichtshof überprüfen lassen will, lässt sie doch erkennen, dass sie es für gerechtfertig hält: "In diesem Urteil finden die Persönlichkeit des Angeklagten, die Tat als solche, der Strafanspruch des Staates sowie die Genugtuung gegenüber den Angehörigen ihren Niederschlag", sagt Karrenbauer nach der Urteilsverkündung.