Lehrer für eine Saison

Trier · Sie machen den gleichen Job wie ihre Kollegen, wissen aber oft nicht, ob sie nach den Sommerferien noch da sind: Vertretungslehrer. Ein 45-jähriger Eifeler unterrichtet seit zehn Jahren ohne Fest-anstellung.

Trier. Joachim Burgard ist Lehrer aus Leidenschaft. Seit zehn Jahren unterrichtet der 45-jährige Diplom-Sportlehrer Sport an der Realschule plus (früher Regionalschule) Manderscheid (Kreis Bernkastel-Wittlich). Seit zehn Jahren lebt er aber auch mit der Ungewissheit, ob sein zumeist auf ein Jahr befristeter Vertrag wieder verlängert wird. Burgard ist einer von über 2000 Vertretungslehrern im Land. Einen festen Vertrag hat der aus Jünkerath (Vulkaneifelkreis) stammende Lehrer bislang noch nicht gehabt. Es sei schon Luxus, wenn der Vertrag über ein Jahr gehe. Er sei auch schon mal für ein halbes oder ein dreiviertel Jahr angestellt gewesen.
Sein jetziger Vertrag läuft noch bis September. Was dann ist, weiß Burgard nicht. Er geht davon aus, dass er weiter in Manderscheid unterrichten darf. Motivierend sei die Ungewissheit aber nicht - sondern "eigentlich ein Unding". Oft erfahre er erst einen Tag vor Ende eines Vertrags, ob er einen neuen bekommt. Bislang habe er immer Glück gehabt. Ohne sein zweites Standbein, eine eigene Agentur für Sporttouren, sei das aber nicht zu machen.
Viele Vertretungslehrer fühlen sich als Lehrer zweiter Klasse. Sie haben die gleichen Aufgaben wie die Festangestellten, sind aber keine Beamten, können auch nicht langfristig planen. Oft enden ihre Verträge zum Ende des Schuljahres; in den Sommerferien müssen sie sich dann arbeitslos melden und erfahren erst kurz vor Ferienende, ob sie wieder eingestellt werden. Sie ersetzen Lehrer, die langfristig ausfallen, und füllen Planstellen, die zunächst nicht mit fest angestellten Lehrern besetzt werden können - aus welchen Gründen auch immer.
Die für die Schulaufsicht zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier setzt die Lehrer ein. Bei kurzfristigen Ausfällen organisieren viele Schulen die Vertretung selbst. Sie können sich einen eigenen Pool von Vertretungslehrern für solche Fälle halten, etwa pensionierte Lehrer.
Ludwig Weyand, Schulleiter des Trierer Max-Planck-Gymnasiums, kennt das Problem mit den Zeitverträgen. Zwei solcher Vertretungslehrer sind an seiner Schule eingesetzt. Einer davon unterrichtet Sport. Sein Vertrag endet am 24. Juni, dem letzten Schultag vor den Sommerferien. Der Lehrer würde gerne weiter am Gymnasium unterrichten, aber es sei unklar, ob er nach den Ferien einen neuen Vertrag bekomme, sagt Weyand. "Ich hoffe, dass es die Landesregierung schafft, dass wir endlich mehr Planungssicherheit bei den Vertretungslehrern bekommen."
Mit der jetzigen Situation werde weder den betroffenen Lehrern noch den Schülern ein Gefallen getan, sagt Weyand. Für viele Fächer, zum Beispiel Physik, gebe es auch gar keine Vertretungslehrer. Wer Physik studiert habe, der gehe oft lieber in die freie Wirtschaft. "Da sind die Bedingungen besser als im Schuldienst", sagt Weyand, der selbst Physiklehrer ist.
Auch Vertretungslehrer Burgard unterrichtet neben Sport noch Physik und Mathe. Weil er die Fächer irgendwann mal studiert habe. Und er leitet die Mofa-Arbeitsgruppe. Mangelndes Engagement könne man ihm jedenfalls nicht vorwerfen, meint der 45-Jährige. Außerdem bildet er Lehrer in Sportdidaktik fort. Das sei ein Witz, sagt er. "Das traut man mir zu, nicht aber, dass ich dauerhaft, ohne Unterbrechung, Kinder unterrichte."

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