Archiv 2018 Lehrer kämpfen ums liebe Geld

Bitburg/Mainz · Vom Gymnasium bis zu den Grundschulen schimpfen sie auf die Löhne in Rheinland-Pfalz.

 Eine junge Lehrerin schreibt im Mathematikunterricht einer 8. Klasse an eine Schultafel – allerdings nicht in Rheinland-Pfalz, sondern in Niedersachsen.

Eine junge Lehrerin schreibt im Mathematikunterricht einer 8. Klasse an eine Schultafel – allerdings nicht in Rheinland-Pfalz, sondern in Niedersachsen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Hört sich Oliver Pick bei Bekannten um, vernimmt er meistens ein einhelliges Echo. „Immer mehr Lehrer sagen: Ich unterrichte lieber am Gymnasium, auch wenn Grundschule genau mein Ding ist.“ Besonders von Männern höre er den Satz oft. Ein Grund dafür sei das liebe Geld, sagt der Eifeler und stellvertretende Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Wer in Rheinland-Pfalz als Grundschullehrer einsteigt, verdient als Beamter nach der Stufe A12, das sind umgerechnet 3266 Euro im Monat ohne Abzüge. Wer im Gymnasium unterrichtet, bekommt 3655 Euro.

Die Lehrergewerkschaft nennt das ungerecht. Pick wirbt für einen Einheitslohn für alle Lehrer – und verweist auf Schleswig-Holstein, wo die schwarz-gelb-grüne Jamaika-Koalition jüngst beschlossen hat, Grundschullehrer bis 2026 in mehreren Stufen gleichberechtigt aufsteigen zu lassen. Das erwartet die Gewerkschaft auch von der rot-gelb-grünen Ampelregierung in Rheinland-Pfalz.

45 Millionen Euro, so die Schätzungen, müsste das Land dann pro Jahr draufschlagen. Pick meint, jeder Cent wäre gut investiertes Geld. „Es gibt Gebiete, wo Kollegen schon jetzt in benachbarte Länder ziehen, weil sie dort mehr verdienen. Unter Grundschullehrern herrscht Fachkräftemangel.“ Alleine in Nordrhein-Westfalen sollen 5000 Lehrer bis zum Jahr 2025 fehlen.

Doch selbst aus Reihen der Lehrer kommt Widerstand. Der rheinland-pfälzische Philologenverband wettert gegen einheitliche Bezahlung. In einer Mitteilung schreibt die Landesvorsitzende Cornelia Schwartz, dass Gymnasiallehrer mehr Stunden arbeiten, weil Unterrichtsstoff und Klassenarbeiten „anspruchsvoller und umfangreicher“ seien. Kein Mensch, so heißt es einige Zeilen weiter, „würde auf die Idee kommen, gleiches Gehalt für alle Beschäftigtengruppen im Krankenhaus oder im Rechtsbereich zu fordern“. Als Beispiel nennt Schwartz „Rechtspfleger und Richter“. Der Philologenverband fordert, Gymnasiallehrer eine Stufe höher zu bezahlen, fast 3800 Euro im Monat könnten sie dann verdienen. Pick stört sich an solchen Sätzen. „Der Philologenverband hat keine Personalnot und missachtet die Bedeutung von Grundschullehrern“, sagt er.

Unabhängig davon kritisiert Pick die Beamtenbesoldung in Rheinland-Pfalz – und steht damit nicht alleine da. Nach einem Report des Deutschen Gewerkschaftsbundes liegt das Land bei den Einstiegsgehältern für Lehrer auf dem letzten Platz.

Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium ordnet den Report anders ein. Sprecher Henning Henn verweist darauf, dass Lehrer in anderen Bundesländern beispielsweise auch mehr Stunden unterrichten müssten, manchmal gar nicht verbeamtet würden und Rheinland-Pfalz bei der Endstufe des Gehalts nicht auf dem letzten Platz liege. Bei den Einsteigern soll es die rote Laterne aber auch abgeben, fordern Gewerkschaften und Opposition. Der Konzer Bernhard Henter (CDU) sagt: „Das Land muss schleunigst den Rückstand verringern, um mindestens ins bundesweite Mittelfeld zu rutschen“. Der Trierer Michael Frisch (AfD) nennt es „Ressourcenverschwendung, wenn junge Menschen wegen schlechter Bezahlung aus Rheinland-Pfalz fliehen“. Das rheinland-pfälzische Parlament verabschiedet in diesem Jahr den Doppelhaushalt 2019/20. Die Bezahlung für Beamte dürfte vorher noch heiße Debatten liefern. Zwischen den Parteien – aber auch zwischen den Lehrern.

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