Lehrergewerkschaft beklagt Ausstattung an Grundschulen und schwache Integration von Flüchtlingen – Land schafft neue Stellen

Mainz · Am Montag startet das neue Schuljahr – und entgegen aller Erwartungen strömen wieder mehr Schüler in die rheinland-pfälzischen Klassen. Das Land reagiert mit zusätzlichen Lehrern. Und doch bleiben Baustellen offen.

Es waren arbeitsreiche Wochen für Stefanie Hubig (SPD). Die neue Bildungsministerin wälzte in den ersten Wochen erst einmal Akten und Unterlagen. Als Juristin musste sie das neue Aufgabenfeld erst kennenlernen. Zum Beginn des neuen Schuljahres stellt die 47-Jährige nun vor, was das Land plant. Doch die Kritik von der Lehrergewerkschaft bleibt nicht aus.
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!Lehrerstellen: Für rund 541.000 Schüler beginnt am Montag der Ernst des Lebens - 4100 mehr als im vergangenen Jahr. Ein Trend, der noch vor Jahren nicht zu erwarten war und offenbar stark mit Wanderungen von Flüchtlingen zusammenhängt. Die Folge: Das Land schafft 270 neue Lehrerstellen, baut dazu den Pool an verbeamteten Vertretungslehrern von 800 auf 1000 aus. Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sagt, das sichere den Schulen gute Rahmenbedingungen. Der Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) stellt sich ganz andere Zahlen vor. Der Vorsitzende Gerhard Bold fordert 1000 zusätzliche Lehrerstellen im Land. "Wie sollen wir es schaffen, mit dem vorhandenen Personal die Inklusion voranzutreiben und Flüchtlinge zu integrieren?", fragt er. "Es werden immer mal Lehrer krank, Frauen werden schwanger - und dann gibt es keinen Ersatz."
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! Grundschulen: Alleine 250 Stellen müsste das Land zusätzlich an Grundschulen schaffen, sagt Bold. Zugleich sei der Arbeitsmarkt leer, weil viele Pädagogen in andere Bundesländer abwanderten. An jeder zehnten Grundschule im Lage sei die Stelle des Schulleiters unbesetzt, der die Schule weiterentwickle. Und wer den Job ausfülle, leide unter Stress. Viele Schulleiter fühlten sich verpflichtet, Unterricht zu geben, weil ein eklatanter Lehrermangel herrsche. "Da darf kein Hausmeister an die Tür klopfen, weil ein Rohr geplatzt ist. Elterngespräche sind auch fast nicht mehr drin. Alle Aufgaben, die liegen geblieben sind, muss der Schulleiter nachmittags aufarbeiten", sagt Bold.

Und: Die Bezahlung sei schlecht. Das gelte generell bei Grundschullehrern, die mit der Besoldung A12 in den Beruf einsteigen. Ein unverheirateter, kinderloser Lehrer verdient danach am Ende des Monats ein Netto-Gehalt von gut 2500 Euro.
Zudem kommen die Grundschulen schlecht davon, wenn es um die jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben pro Schüler geht, heißt es von der VBE. Zum Vergleich: Im Schnitt gebe das Land pro Schüler an Grundschulen 5700 Euro aus, an Gymnasien und Realschule plus je 6600 Euro und an Gesamtschulen 7100 Euro.
Rechnet man aber für jeden der fast 135.000 Grundschüler einen zusätzlichen Betrag von 1000 Euro, um die Lücke zu füllen, müsste das Land gut 135 Millionen Euro mehr ausgeben. Schwer vorstellbar, dass die Regierung diese Sicht angesichts der Schuldenbremse teilt.
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!Integration: Die Deutsch-Intensivkurse für Flüchtlinge sind innerhalb eines Jahres von 151 auf 467 angewachsen. 26,2 Millionen Euro investiere Rheinland-Pfalz in diesem Jahr in Sprachförderung, sagt Hubig. Die Lehrergewerkschaft rechnet noch mit viel Arbeit. Nach ihrer Analyse erhalte jedes zweite Kind in Grundschulen gar nicht erst die erforderlichen Sprachkurse.

Die CDU-Fraktion kritisiert, dass an Gymnasien in Rheinland-Pfalz nur 74 Lehrer eingestellt werden. An Gesamtschulen sind es gut 200. "Das ist eine nicht akzeptable Benachteiligung", schimpft Anke Beilstein, bildungspolitische Sprecherin der Union.
Bildungsministerin Stefanie Hubig begründet die Zahlen damit, dass es wegen des doppelten Abiturjahrgangs 2500 weniger Schüler an Gymnasien gebe. Sie sagt: "Das Gymnasium bleibt eine zentrale Säule des Bildungssystems." flor

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