Wirtschaft LKW-Fahrer verzweifelt gesucht

Trier · Immer weniger junge Leute wollen ihren Berufsalltag hinterm Steuer verbringen. Die Transportbranche warnt vor Lieferengpässen.

  Ein LKW-Fahrer steht am 31.03.2010 zwischen zwei LKW-Schlangen auf der Autobahn A4 vor Apolda in Richtung Dresden. Foto: Alexander Becher dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

Ein LKW-Fahrer steht am 31.03.2010 zwischen zwei LKW-Schlangen auf der Autobahn A4 vor Apolda in Richtung Dresden. Foto: Alexander Becher dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit

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Werden Regale eines Tages leer bleiben, weil sich kein Fahrer findet, der Waren von A nach B bringt? Werden Lieferketten zusammenbrechen und Produktionsbänder stillstehen? Die Transportbranche jedenfalls macht sich größte Sorgen um die Zukunft. Ist es doch extrem schwierig geworden, LKW-Fahrer zu finden. Und schon jetzt wirke sich das auf die Lieferketten aus.

Der Speditions- und Logistikverband Hessen/Rheinland-Pfalz warnt: Derzeit fehlen in Deutschland 45.000 Lastwagenfahrer. Und die Situation werde sich verschärfen, weil zwei Drittel der vorhandenen Fahrer älter als 45 sind – und weil zu wenige Junge nachrücken. Diese Lücke werde auch durch höhere Löhne oder mit mehr osteuropäischen Transportunternehmen nicht zu decken sein“, glaubt der Verband. Zumal die Arbeitslosigkeit in Ländern wie Polen sinkt und viele dann lieber dort bleiben. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) kann zahlreiche unterschiedliche Ursachen für diese Entwicklung nennen. Früher haben Tausende junge Menschen ihren LKW-Führerschein bei der Bundeswehr gemacht. Diese Quelle sei mit dem Wegfall der Wehrpflicht versiegt. Zudem sind die Anforderungen gestiegen. Wer beruflich fahren will, muss seit 2009 zuvor eine Prüfung bei der IHK ablegen und sich regelmäßig fortbilden. Schon alleine diese Prüfung kostet 1400 Euro. „Man zahlt 5000 bis 6000 Euro, bis man gewerblich fahren darf“, sagt Thomas Mutsch, Geschäftsführer der Bitburger MTB Logistik GmbH. Das sei für viele bei einem späteren Bruttoverdienst von 2300 bis 2700 Euro unerschwinglich. Hinzu kommen Staus, extremer Termindruck, überfüllte Parkplätze, strenge Vorschriften, ein rauer Umgangston an den Laderampen, Samstagabende im LKW und all die Wochen ohne Familie und Freunde. Laut Speditionsverband reagiert der Markt bereits, indem Löhne und Transportkosten anziehen. „Gelingt es nicht, Nachwuchskräfte zu mobilisieren, drohen Lieferengpässe, sagt Verbandspräsident Mathias Krage.

Aktuell gibt es im gesamten Bezirk der IHK nur 70 Berufskraftfahrer in Ausbildung. Um die Zahl zu erhöhen, setzt die Kammer sich für einen Berufsschulstandort in der Region ein. Derzeit müssen die jungen Leute zum Unterricht bis nach Neuwied fahren.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat sorgte mit einem anderen Lösungsvorschlag für Schlagzeilen: Schon Minderjährige sollen einen LKW steuern dürfen. Genau wie im Auto solle begleitetes Fahren schon ab 17 erlaubt werden, fordern die Sicherheitslobbyisten. Die IHK glaubt allerdings nicht, dass dies das Problem lösen kann. Denn wer sich zum Berufsfahrer ausbilden lässt, darf schon jetzt mit 17 Transporter bis 3,5 Tonnen Gewicht fahren – und zwar ohne doppelten Personaleinsatz. Wichtiger sei es für das Image des Berufs, die Arbeitszeiten attraktiver zu gestalten. Zudem fordert die Kammer, auch ausländische Unternehmen im Hinblick auf Lenkzeiten oder Mindestlohnregelungen stärker zu kontrollieren, „um ein anhaltendes Lohndumping in der EU zu verhindern“. sagt Mutsch. Früher habe man im LKW mehr verdient als in der Industrie. Heute sei es umgekehrt. „Es ist schwierig, jemanden für eine Arbeit zu gewinnen, die eine höhere Belastung mit sich bringt.“

Der Beratungsfirma Compensation Partner zufolge, die deutsche Lohndaten analysiert, gehört der Beruf mit durchschnittlich 28.703 Euro im Jahr zu den 20 am schlechtesten bezahlten in Deutschland. Und das, obwohl die Löhne seit 2010 überdurchschnittlich stark um 8,5 Prozent gestiegen sind.

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