Mai-Kundgebung in Trier Deutscher Gewerkschaftsbund setzt auf Fest zum Protest

Trier · Der rheinland-pfälzische DGB ist am 1. Mai auf dem Trierer Hauptmarkt. Landeschef Dietmar Muscheid kritisiert viele Baustellen und schwärmt von einem Bischof-Besuch.

Mai-Kundgebung in Trier: DGB setzt auf Fest zum Protest
Foto: dpa/Swen Pförtner

Eine Bedingung hatte Dietmar Muscheid dann doch, als er in den Trierer Dom kommen sollte. „Wenn ich in den Dom gehe, dann muss der Bischof unsere Mai-Kundgebung besuchen“, sagte der Landeschef des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Jahr 2012 knallhart. Und Muscheid, der Mann mit der rauchigen Stimme, setzte sich durch. Er ging in den Dom, wo er sich den Heiligen Rock anguckte, der damals zur Wallfahrt in Trier ausgestellt war. Und Bischof Stefan Ackermann besuchte nicht nur die Mai-Kundgebung des rheinland-pfälzischen DGB, er sprach auch noch, erzählt Muscheid feixend. „Und die Rede war wirklich gut.“

Ohne Bischof-Besuch, aber doch mit vielen Baustellen, protestiert die Gewerkschaft im Land diesmal am 1. Mai auf dem Trierer Hauptmarkt. Mit einem Fest will sie viele Besucher ansprechen, um auf soziale Missstände im Land hinzuweisen (siehe Extra). „Nach der Bundestagswahl haben wir Gewerkschaften nötiger denn je“, sagt Muscheid im Gespräch mit dem TV und grenzt sich klar von der Politik der Großen Koalition im Bund ab. Wie bei ...

... der Rente: Was den DGB-Landeschef besonders stört, ist der Plan der Regierung, den Beitragssatz zur Rente nicht auf mehr als 20 Prozent steigen lassen zu wollen. Muscheid spricht sich für moderate Anhebungen aus, um Rücklagen anzusparen. „Wir müssen jetzt die politischen Weichen für die nächsten 15 Jahre stellen“, sagt Muscheid, der schon jetzt große Not im System wittert. Wie im Eifelkreis Bitburg-Prüm, wo Frauen eine durchschnittliche Rente von 529,12 Euro pro Monat bekommen, den niedrigsten Satz in Rheinland-Pfalz. „Das ist eine existenzielle Frage für Frauen, die früher keine Kita-Betreuung und keine Arbeit hatten“, klagt er. Landesweit liege die durchschnittliche Rentenhöhe für Frauen im Land bei gerade einmal 618 Euro. Bei den Männern liege das monatliche Einkommen bei 1071 Euro. Doch auch da hinke die Region dem Landesschnitt hinterher, wie in der Stadt Trier, wo Rentner mehr als 100 Euro weniger pro Monat (923 Euro) kassieren.

... niedrigen Löhnen: Abschaffen will Dietmar Muscheid am liebsten Minijobs. In der Region warnt der Gewerkschafter besonders im Kreis Trier-Saarburg vor zu niedrigen Löhnen. 9328 von 30 358 sozialversicherungspflichtigen Arbeitern seien dort geringfügig beschäftigt, nahezu jeder Dritte, heißt es vom DGB. Landesweit liege der Schnitt dagegen bei rund 18 Prozent. Zugleich fehle es an günstigem Wohnraum, klagt Muscheid, der fragt: „Wer soll sich mit solchen Gehältern bei den explodierenden Mietpreisen tatsächlich noch dauerhaft eine Wohnung leisten können?“

... dem öffentlichen Dienst: „Der öffentliche Dienst ist auf Kante genäht“, kritisiert Muscheid. Besonders ein Artikel im Trierischen Volksfreund stieß ihm sauer auf. Der TV berichtete ihm Februar über Kritik des Landesrechnungshofs an der Stadt Trier, die bei Überstunden ihrer Beamten die Zügel schleifen lasse. Eine leitende Beamtin der Stadtverwaltung schiebt danach den Urlaub aus 13 Jahren vor sich her, mehr als 28 000 Überstunden häuften 173 Verwaltungsmitarbeiter im Jahr 2015 an. Muscheid klagt, bei Lehrern, Polizisten und Juristen sehe es nicht anders aus. Und: „Rheinland-Pfalz liegt bei der Einstiegsbesoldung weit hinten im deutschlandweiten Vergleich.“ Muscheid fordert das Land auf, schnell nachzulegen, damit der Nachwuchs nicht türmt.

... der Infrastruktur: Investitionsstau bei Straßen und Schulen – Muscheid führt das auch auf die schwarze Null zurück, die das Land spätestens 2020 im Haushalt schreiben muss. „Bund und Länder unterlassen nötige Sanierungen, die dann irgendwann auf sie zurückfallen“, sagt er. Den DGB-Landeschef stört, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz sich nicht von der schwarzen Null abgrenze. „Im Gegenteil“, tadelt Muscheid, „er ist offenbar nicht nur aus Koalitionszwängen davon überzeugt. Das ist gewiss nicht die erneuerte SPD.“

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