Coronakrise Mainzer Landtag verabschiedet größten Nachtragshaushalt in rheinland-pfälzischer Geschichte

3,3 Milliarden Euro sollen helfen, die Folgen des Coronavirus zu bekämpfen. Selbst die Opposition stimmte dem Rettungsschirm des Landes zu, stellte aber Bedingungen.

Mainzer Landtag: größter Nachtragshaushalt in rheinland-pfälzischer Geschichte
Foto: dpa/Andreas Arnold

"Das kleinste Parlament in der Geschichte unseres Bundeslandes entscheidet über den größten Nachtragshaushalt in der Geschichte unseres Landes." Der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering sollte recht behalten: Der Mainzer Landtag hat am Freitag - mit Stimmen von SPD, FDP, Grünen, CDU und AfD - geschlossen für den 3,3 Milliarden Euro teuren Rettungsschirm gestimmt, der in der Corona-Krise rheinland-pfälische Kliniken mit Intensivbetten ausstatten, Gesundheitsämter mit Personal verstärken und mittelständische Unternehmen vor einer schnellen Insolvenz retten soll. 68 Abgeordnete - sonst sitzen 101 Parlamentarier im Landtag - stimmten für den Haushalt. Sie saßen teilweise auf der Besuchertribüne und Presseplätzen, um die Distanz von 1,50 Metern zueinander zu bewahren.

Die in Trier geborene Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) sagte: "Wir werden die Menschen in der Corona-Krise nicht alleine lassen." Von den 3,3 Milliarden Euro fließt rund eine Milliarde Euro an Barmitteln. 800 Millionen Euro preist das Land dabei ein, um gesundheitliche Folgen der Pandemie zu bekämpfen. Das Geld solle dort eingesetzt werden, wo es gebraucht werde, sagte Ahnen. 100 Millionen Euro bekommen die Kommunen direkt, 100 Millionen Euro hält das Land zurück, um einen Impfstoff kaufen zu können, wenn dieser auf dem Markt sei.

Um 2,2 Milliarden Euro - und damit auf drei Milliarden Euro - erhöht Rheinland-Pfalz den Bürgschaftsrahmen, um Selbstständigen und Unternehmern von bis zu 30 Mitarbeitern mit Darlehen und Zuschüssen helfen zu können. Für Kredite bürge das Land mit 90 Prozent, sagte Ahnen. 638,5 Millionen Euro an neuen Krediten nehme Rheinland-Pfalz für den Rettungsschirm auf. "Die Schulden werden wir ab dem Jahr 2024 tilgen. Wir sind finanzpolitisch handlungsfähig", sagte Ahnen. "Unser Land ist in einmaliger Weise gefordert. Wir haben aber alle Chancen, die Herausforderung zu meistern."

CDU-Fraktionschef Christian Baldauf sagte: "Das Virus hat die Welt, wie wir sie kennen, verändert." Die CDU stimme dem Paket zu, werte die Zustimmung aber als Vertrauensvorschuss gegenüber der Landesregierung. Baldauf warnte das Land davor, dass es zu "erschütternden Bildern wie in Italien, Spanien, Frankreich komme" und kritisierte die Krankenhauspolitik in der Fläche: In Koblenz würden Feldbetten in Turnhallen aufgebaut, wo in Kliniken in Oberwesel und St. Goar Hunderte Betten frei stünden. "Es darf keine Klinik mehr schließen, wir brauchen jeden Pfleger, jeden Arzt, jedes Bett", forderte Baldauf das Land auf, künftig erheblich mehr Geld in Krankenhäuser zu investieren. Der CDU-Politiker schlug der Landesregierung auch vor, Pflegern das Mittagessen in Krankenhäusern zu bezahlen, wie Bayern es beschlossen hat.

Für Unternehmen brauche es bare Zuschüsse. Hotelbesitzer von der Mosel, Reisebüros, Restaurantbetreiber in Mainz schrieben in Briefen verzweifelt nach Hilfe. "Es geht um die Herzkammern unserer Heimat", sagte Baldauf. AfD-Fraktionschef Uwe Junge kritisierte, Firmen von bis zu 30 Beschäftigten reichten die Hilfen nicht lange aus, um zu überleben. Er kritisierte die Aufnahme neuer Schulden. Das Land solle zunächst Rücklagen im Haushalt angreifen. Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun konterte, das Land setze mit seinen Zulagen darauf, dem Mittelstand zu helfen - "nicht nur BASF und Daimler". Das Parlament werde aber in den kommenden Monaten noch zusammenkommen und darüber sprechen, was es an weiteren Mitteln brauche. SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer forderte bessere Tarifverträge für Kassierer. "Es bringt nichts, wenn es Applaus nur im Internet gibt", sagte Schweitzer. FDP-Fraktionschefin Cornelia Willius-Senzer warnte, die Ausnahmesituation in der Corona-Krise dürfe "nicht zu dauerhaften Grundrechtseinschränkungen führen".

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