Trier Mainzer Ruhestandspriester unter Verdacht

Trier · Ein alter Missbrauchsvorwurf holt einen inzwischen im Bistum Trier lebenden Mainzer Ruhestandsgeistlichen ein. Auch der Koblenzer Generalstaatsanwalt prüft derzeit alle kirchlichen Verdachtsfälle der vergangenen Jahrzehnte.

Mehr als drei Jahrzehnte nach einem mutmaßlichen Fall von sexuellem Missbrauch hat das Bistum Mainz gegen einen inzwischen im Bistum Trier lebenden Ruhestandsgeistlichen ein sogenanntes kirchliches Vorermittlungsverfahren eröffnet. Bis zum Abschluss des Verfahrens dürfe der Mann nicht als Priester wirken und müsse sich von Kindern und Jugendlichen fernhalten, heißt es in einer Mitteilung des Bistums. Die Verantwortlichen in der betroffenen Pfarreiengemeinschaft seien informiert worden. Sie liegt nach Informationen unserer Zeitung nicht in der Region Trier. Nach Bistumsangaben wurde der Vorfall 2010 bei der Mainzer Staatsanwaltschaft angezeigt, zu Ermittlungen sei es aber wegen Verjährung nicht gekommen.

Derweil lässt sich die Koblenzer Generalstaatsanwaltschaft alle einschlägigen Verdachtsfälle aus den Bistümern Trier, Mainz, Köln und Limburg vorlegen. Das sagte Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer unserer Zeitung. Hintergrund ist die nach der Missbrauchsstudie eingegangene Strafanzeige mehrerer Juristen. Darin fordern die Strafrechtsprofessoren die Aufnahme von Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern. Begründung: Es gebe eine hohe Zahl von Missbrauchsfällen, die noch nicht einzelnen Tätern zugeordnet werden könne.

Nach Angaben Brauers lägen erste Listen mit allen Verdachtsfällen der vergangenen Jahrzehnte schon vor und würden nun von den zuständigen Staatsanwaltschaften auf noch nicht angezeigte und noch verfolgbare Straftaten überprüft. Dabei gehe es auch um Fälle, die nicht in der Missbrauchsstudie erfasst seien, etwa von Mitarbeitern, die keine Kleriker sind. Ergebe sich dabei ein Anfangsverdacht, hätten die Generalvikariate bereits zugesichert, alle Akten, auch die aus den sogenannten Geheimarchiven zu übergeben.

Nach Angaben einer Sprecherin des Bistums Trier hat die Staatsanwaltschaft Koblenz bislang in drei Fällen Akten angefordert und in zwei Fällen Nachfragen gestellt, um eine genauere Prüfung vornehmen zu können.

Der Generalstaatsanwalt geht davon aus, dass die Strafanzeige der Professoren womöglich noch in diesem Monat beschieden wird. Die Juristen hatten die Anzeige gegen unbekannt bei den Staatsanwaltschaften in allen 27 deutschen Bistumsstädten gestellt. Nun müssen die Staatsanwaltschaften prüfen, ob es einen Anfangsverdacht für strafbare Handlungen gibt.

Nach Angaben des Bistums Trier wurden seit 2010 insgesamt 75 Priester mit teils lange zurückliegenden Missbrauchsvorwürfen konfrontiert. 33 leben noch. Die kirchenrechtlichen Strafen: Ein Priester wurde laisiert, drei aus dem Klerikerstand entlassen, sieben mit einem Zelebrationsverbot belegt.

Die Sichtung der Akten für die Missbrauchsstudie hat nach Angaben von Bistumssprecherin Judith Rupp keine neuen Fälle ergeben. Allerdings könne es sein, dass „aufgrund der Erkenntnisse aus der Studie und auf der Grundlage der externen Bewertungen durch die Staatsanwaltschaften in alten Fällen weitergehende Nachforschungen“ angestellt werden müssten. Dies werde noch geprüft.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hatte sich als eine Konsequenz aus den Ergebnissen der Missbrauchsstudie für die Einrichtung von bistumsübergreifenden Sondergerichten ausgesprochen, die sich mit Verdachtsfällen von sexuellem Missbrauch durch Priester befassen sollen. Eine Entscheidung steht aber noch aus.

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