Maskierte Wärter lehren das Fürchten

Die geheimen Gefängnisse, in denen die Regierung des früheren US-Präsidenten George W. Bush gefangene Terrorverdächtige außerhalb der USA unterbringen und verhören ließ, sind von Frankfurt aus geplant worden. Hintergrund: Kyle Foggo, damaliger Leiter der CIA-Außenstelle Frankfurt, war von der Geheimdienst-Zentrale mit der Planung beauftragt.

Washington. Kyle Foggo ist ein Typ, den man in einer Firma als "Macher" bezeichnen würde. Der 55-Jährige mit einer Vorliebe für Zigarren und Bourbon nach Feierabend war deshalb auch hilfsbereit, als ihn die Zentrale seines Arbeitgebers im März 2003 mit einem Sonderauftrag kontaktierte. Es war eine Bitte, deren Umsetzung später weltweit Empörung hervorrufen würde. Und die die Rhein-Main-Metropole Frankfurt in den Mittelpunkt einer spektakulären Geheimaktion stellen würde.

Denn Kyle Foggo arbeitete bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2006 für den amerikanischen Geheimdienst CIA. 2003 war er Leiter der Außenstelle Frankfurt, die als logistische Schaltzentrale für Europa fungierte. Und dort fragte die CIA-Zentrale an, als ein brisanter Job zu vergeben war, über den es strenge Vertraulichkeit zu bewahren galt: die Einrichtung von geheimen Gefängnissen, in denen die Regierung von George W. Bush gefangene Terrorverdächtige außerhalb der USA unterbringen und verhören wollte. Die "New York Times" gab jetzt erstmals einen Einblick in die Planungsdetails dieser sogenannten "Black Sites" von Frankfurt aus: Mindestens acht Gefängnisse sollen in Betrieb gewesen sein - bis Barack Obama kurz nach Amtsantritt ihre Schließung verfügte. "Es war zu sensitiv, um vom Hauptquartier aus organisiert zu werden," zitiert die Zeitung Foggo, der damals keine Bedenken gegen das Projekt zu hegen schien: "Ich war stolz, meiner Nation helfen zu können." Tatkräftig ging Foggo dann ans Werk - wobei ihm die Aufgabe dadurch erleichtert wurde, dass Frankfurt neben der Basis Ramstein schon seit langem das wichtigste Drehkreuz für amerikanische Militärs und Geheimdienstler war.

Eingeflogen wurde deshalb fast alles, was für die Konstruktion der Haftanstalten notwendig war, die jeweils für die Beherbergung von einem halben Dutzend Gefangenen ausgelegt wurden: Baumaterialien, Betten, Toiletten, Nachtsichtgeräte.

Die "New York Times" nennt zwei konkrete Standorte: ein renoviertes Gebäude in Bukarest und eine Stahlkonstruktion in Marokko, die aber niemals benutzt worden sein soll. Ein weiteres Gefängnis wurde angeblich außerhalb der Hauptstadt eines früheren Ostblock-Staates eingerichtet.

Dabei legten Foggo und seine Mitarbeiter besonderen Wert darauf, dass die Zellen an allen Standorten identisch waren: Man wollte bei Gefangenen Desorientierung hervorrufen, denn sie wurden offenbar auch zwischen den Haftanstalten hin- und herbefördert.

Wichtig war auch, Verletzungen bei den Verhören zu vermeiden: So wurden Zellen mit rutschfesten Böden ausgestattet und die Betonwände mit Sperrholz verkleidet, um Blessuren gering zu halten, wenn es bei Verhören grob zuging. Die Wärter trugen schwarze Skimasken, um anonym zu bleiben und bei den strikt voneinander getrennten Häftlingen Furcht zu erregen.

Bei einem öffentlichen Auftritt im September 2007 beharrte der damalige CIA-Chef Michael Hayden allerdings darauf, dass die "weniger als 100 Insassen" der Geheimgefängnisse nicht mittels umstrittener Methoden wie dem "waterboarding" oder anderer folterähnlicher Maßnahmen verhört worden seien. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung der "Black Sites" war - das ergeben heute offizielle Dokumente in den USA - bereits die Anwendung des zuvor in Guantanamo an El-Kaida-Mitgliedern wie Khalid Scheich Mohammed praktizierten "waterboarding" eingestellt worden.

Für Kyle Foggo zahlte sich die Hilfsbereitschaft aus: Im November 2004 stieg der "Macher aus Frankfurt" zum Exekutiv-Direktor der CIA auf - und hatte bei den Tagesgeschäften der Agentur als zweitmächtigster Mann im Haus das Sagen. Doch nur zwei Jahre später kam sein jäher Sturz. Foggo wurde verhaftet, weil er sich von einem der wichtigsten Auftragsnehmer der CIA mit Luxusreisen und einem lukrativen Job-Versprechen nach der Pensionierung hatte bestechen lassen: Er gestand die Korruption. Heute sitzt er eine dreijährige Haftstrafe in Kentucky ab - in einem US-Staatsgefängnis ohne Sperrholzwände und maskierte Wärter.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort