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Auf Begeisterung folgt Ernüchterung: Der Trierer Politikwissenschaftler Hanns W. Maull warnt vor übersteigerten Erwartungen an den neuen US-Präsidenten.

Trier. (wie) Mit Professor Maull sprach unser Redakteur Bernd Wientjes.

Hat Sie das Ergebnis der Wahl überrascht?

Maull: Das Wahlergebnis war nicht überraschend, der Sieg Obamas zeichnete sich seit Monaten ab. Die eigentliche Überraschung war, dass er überhaupt Kandidat wurde und sich gegen Hillary Clinton und ihre potente Wahlkampf-Maschinerie durchgesetzt hat.

Sind die USA tatsächlich reif für einen schwarzen Präsidenten? Maull: Die amerikanischen Wähler haben eine eindeutige Antwort darauf gegeben. Die Hautfarbe wird in der amerikanischen Politik nun keine Rolle mehr spielen.

Ist Obamas Sieg aber wirklich ein Sieg der Demokraten oder eine Abstrafung Bushs?

Maull: In erster Linie ist es die Quittung für eine katastrophale Amtsperiode von George W. Bush.

War Bush der schlechteste Präsident in der Geschichte der USA?

Maull: Vielleicht nicht der schlechteste, aber sicher einer der schlechtesten.

Also hat Barack Obama es leicht, ein guter Präsident zu werden?

Maull: Ganz und gar nicht. Er wird natürlich vom Ende der Ära Bush profitieren und davon, dass er für ein anderes Amerika steht. In einigen Monaten wird aber deutlich werden, vor welchen riesigen Her-ausforderungen der neue Präsident steht. Das betrifft vor allem die Wirtschaftskrise. Zweites große Thema: Die Nato ist dabei, in Afghanistan ihren ersten Krieg zu verlieren. Wenn das abgewendet werden soll, sind dazu ganz andere Anstrengungen erforderlich als bisher.

Also ein stärkeres Engagement der Deutschen in Afghanistan.

Maull: Das wird bald auf den Tisch kommen.

Ist Obama also nicht der Heilsbringer, als der er in Deutschland gefeiert wird? Maull: Es wird zunächst eine Phase der Euphorie und Charme-Offensiven über den Atlantik hinweg geben. Danach tritt Ernüchterung ein, und Interessens- und Positionsunterschiede werden deutlich werden.

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