"Medizin für Manager"

MANDERSCHEID. (ako) Mit Ärzten und Apothekern ging es auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Elke Leonhard um Vor- und Nachteile der umstrittenen Gesundheitsreform. Karl Lauterbach, Mitglied der Rürup-Kommission, setzte sich nachdrücklich für eine Bürgerversicherung ein.

Am Tag nach der Diskussionsveranstaltung im Manderscheider Kurhaus gab es positive Zahlen: Die Krankenkassen machen in Folge der Gesundheitsreform wieder Plus und sind in der Lage, mit dem Abbau ihrer Schulden zu beginnen. Doch dass die Reform "chaotisch angelaufen" sei und damit viel Missfallen erregt habe, räumte auch Elke Leonhard als Initiatorin des Abends ein. Andreas Hufschmidt, Klinikarzt im Wittlicher St.-Elisabeth-Krankenhaus, konstatierte allgemein eine "Explosion der Formalitäten" und bedauerte, dass die Ökonomie die Medizin vollends durchdrungen habe "wie ein bösartiger Tumor": "Eine Stationsschwester muss jeden Gang zur Toilette, bei dem sie einem Patienten hilft, akribisch protokollieren." Es gebe kein Wissen darüber, ob der Mehraufwand tatsächlich zu höherer Qualität in der Versorgung führe. Auch der ehemalige Präsident der Bundesapothekerkammer Hartmut Schmall gab seiner Befürchtung Ausdruck, die Ökonomisierung führe zu einer "Medizin für Manager" und dazu, dass die Leitschnur des Patientenwohls verblasse. Als Befürworter der von der Regierung geplanten Bürgerversicherung zeigten sich Karl Lauterbach und die Patientenbeauftragte Helga Kühn-Mengel. Beide verbanden in ihren Referaten die Notwendigkeit wirtschaftlich sinnvollen Handelns mit einem beabsichtigten Nutzen für die Patienten: "Die Zwei-Klassen-Medizin, die gut ausgebildete Forscher dazu verleitet, ihre Energie für die Behandlung von Trivialkrankheiten Reicher zu binden, muss aufhören, die Spezialisten müssen dort eingesetzt werden, wo sie volkswirtschaftlich richtig sind." Die bisherige Versicherungsform sei ökonomisch nicht mehr tragbar, weil sie die Lohnnebenkosten in die Höhe treibe, zudem führe sie zur genannten Innovationsschwäche im deutschen Gesundheitssektor und zu einer Qualitätslücke: "Unser Bruttoinlandsprodukt ist nur durchschnittlich in Europa, doch die Ausgaben für das Gesundheitssystem liegen derzeit ein Drittel über dem europäischen Durchschnitt." Die Bürgerversicherung soll, so Lauterbach, auch Einkünfte aus Miet-, Zins- und Kapitaleinnahmen bei der Beitragserhebung berücksichtigen, was "demografieresistent" sei.

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