"Mehr Qualität ist ein guter Ansatz"

Berlin · Die Bundesregierung wird voraussichtlich in der kommenden Woche den Gesetzentwurf zur Krankenhausreform verabschieden. 2016 soll sie in Kraft treten. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung mahnt noch Nachbesserungen an.

"Mehr Qualität ist ein guter Ansatz"
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Berlin. Vizepräsident des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung ist Johann-Magnus von Stackelberg (Foto: dpa). Mit ihm sprach unser Korrespondent Stefan Vetter Herr von Stackelberg, die Klinikreform soll für mehr Qualität bei der stationären Behandlung sorgen. Ein realistisches Versprechen?Johann-Magnus von Stackelberg: Die Qualitätsorientierung wird erst langfristig wirken. Trotzdem unterstützen die Krankenkassen dieses Vorhaben sehr. Es gibt genügend Untersuchungen über die Qualität der in den Kliniken erbrachten Leistungen. Daraus Schlussfolgerungen zu ziehen bis hin zur Höhe der Vergütung medizinischer Leistungen, ist ein guter Ansatz. Schließlich geben die Kassen jeden dritten Euro für die stationäre Behandlung aus. Steht es wirklich so schlecht um die Behandlungsqualität?Von Stackelberg: Nein, aber wenn in bestimmten Krankenhäusern zum Beispiel Implantate häufiger ausgewechselt werden müssen als in anderen Kliniken, dann ist das schon ein Problem. Für solche Fälle soll es künftig Abschläge bei der Vergütung geben. Das klingt so, als hätten die Kassen hier eine Sparbüchse entdeckt.Von Stackelberg: Dieser Eindruck wäre fatal. Deshalb sagen wir auch, dass solche Mittel im Krankenhausbereich verbleiben müssen, um damit zum Beispiel Zuschläge für eine besonders gute Behandlungsqualität zu finanzieren. Wir wünschen uns eine Klausel im Gesetz, die dem Verdacht begegnet, dass sich Kassen durch Abschläge bei der Vergütung sanieren könnten. Was sollen Patienten davon halten, wenn sie hören, dass sie in ihrer Klinik schlecht operiert wurden?Von Stackelberg: Für die Patienten schafft dieses System mehr Transparenz bei der Auswahl einer geeigneten Klinik. Bislang ist es meistens so, dass man in das nächstgelegene Krankenhaus geht. Wenn aber bekannt ist, dass eine Klinik sehr gute Qualität leistet, dann werden mehr Menschen auch längere Wege dafür in Kauf nehmen. Allerdings muss die Politik dafür sorgen, dass die Mindestanforderungen in Sachen Qualität immer erreicht werden. Das ist nicht nur durch finanzielle Anreize zu schaffen. Hier müssen die Krankenhausträger mit ins Boot. Viele Kliniken klagen, dass die Länder ihren Investitionsverpflichtungen für den laufenden Betrieb nur halbherzig nachkommen. Kann das Gesetz hier Abhilfe schaffen?Von Stackelberg: Leider nein, dazu schweigt sich der Gesetzentwurf aus, dabei wäre hier eine Änderung dringend nötig. Denn die Länder stellen im Schnitt tatsächlich nur etwa die Hälfte der erforderlichen Klinikinvestitionen bereit. Die andere Hälfte, das ist unsere Vermutung, wird aus Mitteln der Krankenkassen bezahlt, die eigentlich nur für die laufenden Behandlungen gedacht sind. Seit Jahren ist die Zahl der Kliniken in Deutschland rückläufig. Trotzdem sprechen die Kassen von Überkapazitäten. Wie passt das zusammen?Von Stackelberg: Untersuchungen zufolge ist im Schnitt immer noch etwa ein Viertel der Krankenhausbetten überflüssig. Das zeigt sich zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, wo im Vergleich zu den benachbarten Niederlanden viermal so viele Kliniken existieren. Das erklärt übrigens auch zum Teil die Personalnot, weil Schwestern und Ärzte in nicht notwendigen Kliniken gebunden sind. Laut Gesetzentwurf soll es einen Fonds geben, um daraus den Abbau von Bettenkapazitäten zu finanzieren. Was soll eigentlich aus den überflüssigen Einrichtungen werden?Von Stackelberg: Das müssen die Länder vor Ort entscheiden. Aber es ist beispielsweise wenig sinnvoll, eine Klinik in ein Ärztezentrum umzuwandeln, wenn es schon viele Praxen in der Gegend gibt. Das frei werdende Klinikpersonal wird auf jeden Fall weiter gebraucht, beispielsweise in anderen Krankenhäusern. vet

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