Mehr Schutz für Kinder jeden Alters

Trier · Egal ob für Säuglinge oder Jugendliche: Das Trierer Mutterhaus wird bei dem Verdacht, dass das Wohl seiner jungen Patienten gefährdet sein könnte, ein Hilfsprogramm einleiten. Das Land will diesen präventiven Kinderschutz flächendeckend einführen.

Trier. Die fünfzehnjährige Anna (Name geändert) ist nun schon zum zweiten Mal auf der Station, weil sie über schlimme Bauchschmerzen klagt. Bauchschmerzen, die den Ärzten ein Rätsel bleiben. Denn eine organische Ursache haben sie nicht.
Auffallend ist, wie selten Anna Besuch bekommt. Und wie gedrückt die Stimmung ist, wenn ihre Eltern dann doch mal da sind. Der Krankenschwester erzählt sie, dass sie auch gar nicht mehr nach Hause will, weil sich da sowieso niemand um sie kümmert. Jedem, der genau hinschaut, ist klar: Dieses Mädchen wird vernachlässigt.
"Die Inkompetenz der Eltern nimmt aus meiner Sicht zu", sagt Dr. Wolfgang Rauh Chefarzt der Kindermedizin im Trierer Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen. Viele stünden alleine da, seien hilflos. Und er sagt: "Vernachlässigung kann zu schlimmen Entwicklungsstörungen führen." Dennoch würde Anna normalerweise einfach wieder entlassen. Wenn auch mit einem unguten Gefühl.
Im Mutterhaus rollt bei dem Verdacht, dass Kinder vernachlässigt oder misshandelt werden könnten, stattdessen nun ein Hilfsprogramm an - das erste dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mit Hilfe eines Fragebogens wird die Kindesgefährdung erkannt und benannt. Zusammen mit dem Jugendamt, dem Kindersozialdienst der Villa Kunterbunt und der Kinder-Pflegedienstleistung bietet das Krankenhaus der Familie dann die passende Unterstützung an: psychologische Betreuung für Annas überforderte Mutter, ein Termin bei der Schrei-Ambulanz, denn Annas Schwesterchen ist kaum zu beruhigen und jemanden, der hilft, Wohngeld zu beantragen.
"Das passiert alles in Absprache mit den Eltern. Es wird niemandem etwas übergestülpt", sagt Familienministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die Grünen), die am Donnerstag nach Trier gekommen ist, um dem Krankenhaus 15 000 Euro zu bewilligen - was Geschäftsführer Jörg Mehr ebenso freut wie die Leiterin des Trie rer Jugendamts. "Wir haben hier die Möglichkeit, präventiv einzugreifen und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist", sagt Dorothee Wassermann.
Familie und Volksfreund


Das Mutterhaus ist damit die erste Klinik im Land, die sich im Rahmen des Projekts "Guter Start ins Kinderleben" um das Wohl von Kindern jeden Alters kümmert. Während der zweijährigen Testphase wurden 76 Familien betreut. Und der Bedarf scheint zu wachsen. Angestrebt ist eine flächendeckende Einführung an allen Geburtskliniken des Landes.
Für Neugeborene gibt es das Kinderschutzprogramm "Guter Start ins Kinderleben" bereits seit 2006. Auch hier gehörte Trier als Modellstandort zu den Vorreitern: Das Mutterhaus, das Marienkrankenhaus Ehrang und das evangelische Elisabeth-Krankenhaus hatten daran teilgenommen. Im Mutterhaus werden jährlich mehr als 60 junge Mütter betreut. Die Erfahrung habe gezeigt, dass sie die Angebote wie Familienhebammen, Haushaltshilfe oder Hilfe bei der Wohnungssuche gerne annehmen. Inzwischen gibt es dieses Angebot in 20 rheinland-pfälzischen Kliniken - seit kurzem auch in Wittlich. Und nach Wunsch der Ministerin sollen es noch mehr werden. Um Kindern besser und früher helfen zu können.

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