Mehr Tiere für den Versuchskäfig

MAINZ. Allen Protesten der Tierschützer zum Trotz: Seit 2003 ist die Zahl der gemeldeten Versuchstiere in Rheinland-Pfalz um ein Drittel auf 154 000 gestiegen. Über 90 Prozent davon sind Mäuse und Ratten. Doch auch Vögel, Hunde, Katzen, Rinder und Schweine müssen für die Forschung herhalten.

Tierversuche sind laut Gesetz nur zulässig, wenn sie für bestimmte Zwecke unerlässlich und ethisch vertretbar sind. Dass sie gleichwohl höchst umstritten sind, zeigt der seit Jahren andauernde Protest gegen den inzwischen begonnenen Neubau eines neuen Versuchstierhauses an der Mainzer Universität. Der 30-Millionen-Bau ist auch im Tierschutzbeirat des Landes umstritten, weil er die ohnehin ungleiche Ausrichtung zu Lasten der tierversuchsfreien Forschung verstärkt. Laut aktuellem Tierschutzbericht stieg landesweit die Zahl der "eingesetzten Versuchstiere" von 106 865 (2003) über 135 949 (2004) auf 154 718 im vergangenen Jahr. Bundesweit gibt es einen ähnlichen Trend.Mehr als 30 000 Tiere an der Uni Mainz

Zwar fördert das Land Projekte für Alternativmethoden zu Tierversuchen und hat einen entsprechenden Forschungspreis ausgeschrieben, um Versuche zu ersetzen, die Zahl der Tiere zu reduzieren und deren Leiden zu verringern. Doch gerade an den Universitäten, die rund 40 Prozent der Tierversuche beisteuern, ist in den vergangenen Jahren ein Anstieg der Versuchstiere zu registrieren. Nach Angaben von Professor Johannes Preuß, Vizepräsident für Forschung an der Uni Mainz, nimmt zwar die Anzahl der Tiere pro Versuch ab. Doch hat die Zahl der Versuche erheblich zugenommen, weil sich die Uni unter anderem verstärkt mit der Krebsforschung beschäftigt. So werden tausende genetisch veränderte Mäuse eigens für den Einsatz gezüchtet. Nur vereinzelt ist es laut Preuß möglich, ohne Tierversuche auszukommen. Mehr als 30 000 Tiere werden an der Mainzer Uni gehalten. Mit dem Bau eines neuen Tierhauses soll nach seinen Angaben die Zahl der Versuche nicht wesentlich erweitert, sondern die Unterbringung der Tiere verbessert werden. Damit wird vor allem die wissenschaftliche Aussagekraft und Zuverlässigkeit der Versuche erhöht. Allein ein Drittel der zu Forschungszwecken eingesetzten Tiere fallen auf Versuche im Zusammenhang mit Erkrankungen des Nervensystems. Auch die Zahl der gezielt zu wissenschaftlichen Zwecken getöteten Tiere ist von 1230 im Jahr 2003 auf 13 196 im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. Helmut Stadtfeld, Vorsitzender des Tierschutzbeirates, sieht die Entwicklung mit größter Sorge und fordert die Einrichtung eines Lehrstuhls für Alternativmethoden an der Uni Mainz. Alle Möglichkeiten tierversuchsfreier Forschung müssten genutzt werden, so Stadtfeld.

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