Minister bequem in Luxuskarossen unterwegs

Mainz · Das Auto, der Deutschen liebstes Kind: Sämtliche Minister und Staatssekretäre der Landesregierung genießen bei ihren Dienstwagen die Annehmlichkeiten, die Premiumhersteller bieten. Oft noch zulasten des Klimaschutzes.

Mainz. Minister und Staatsekretäre haben einen stressigen Job, sind ständig auf Achse und arbeiten im Auto, während sie chauffiert werden. Laufleistungen der Dienstfahrzeuge von bis zu 80 000 Kilometern im Jahr sind die Regel. Gleichwohl liest sich die Liste der Dienstwagen der Landesregierung nicht so, als seien besonders sparsame Autos unterwegs. Ganz im Gegenteil: Ein Mercedes S350 4Matic Bluetec mit 258 PS, wie ihn beispielsweise Justizminister Jochen Hartloff (SPD) fährt, verbraucht im Schnitt laut Hersteller 7,3 Liter des teuren Superbenzins.
Dass es auch anders geht, zeigen die im Mai in die Regierung gekommenen Grünen. So verfügen Integrationsministerin Irene Alt und Staatssekretärin Margit Gottstein seit diesem Monat über einen Audi A6 3.0 TDI und einen BMW 520d, die jeweils nur 137 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen und etwas mehr als fünf Liter Diesel auf 100 Kilometer verbrauchen.
Auch Wirtschaftsministerin Eveline Lemke ist recht klimafreundlich unterwegs mit ihrem Audi A6 (133g/km), ebenfalls in diesem Monat angeschafft. Umweltministerin Ulrike Höfken und Staatssekretär Christoph Griese müssen derzeit noch mit einem Audi A6 (151g/km) und einem BMW 730d (178g/km) vorlieb nehmen, weil aufgrund von Verzögerungen bei der Beschaffung die Leasingverträge verlängert wurden.
Grundsätzlich werden laut Regierungssprecherin Monika Fuhr alle Fahrzeuge in der Regel für zwölf Monate geleast, bisweilen nur für sechs Monate, damit die Fahrzeuge dem neuesten technischen Standard entsprechen, ihr Kraftstoffverbrauch im Vergleich zum Vorgängermodell geringer ist und die CO2-Emissionen weiter reduziert werden. "Auch über den Einsatz neuester Technik wie Elektro- oder Hybridwagen wird nachgedacht, hier sind allerdings die Anschaffungskosten nach wie vor sehr hoch", sagt Fuhr.
Offenbar spielen beim Leasing neben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit auch persönliche Vorlieben der Politiker, die die Fahrzeuge bei einer Besteuerung des geldwerten Vorteils privat nutzen können, eine Rolle. Während bei den für das Umweltministerium geplanten beiden neuen Fahrzeugen die EU-Grenzwerte ebenso eingehalten werden wie bei zwei neuen Dienstwagen für das Innenministerium, ist gerade vom Justizministerium für Minister Hartloff ein Audi A8 3.0 TDI quattro bestellt worden. CO2-Ausstoß: 176 Gramm pro Kilometer. Und im Oktober will das Sozialministerium noch einmal einen BMW 730d mit 180 Gramm CO2-Ausstoß ordern.
In welchem Auto Ministerpräsident Kurt Beck unterwegs ist, bleibt aus Sicherheitsgründen geheim. Sein Fahrzeug ist auf jeden Fall gepanzert. Beck ist neben Innenminister Roger Lewentz der Einzige in der Landesregierung, der Personenschutz genießt.
"Spritsparende Dienstwagenflotten schützen nicht nur das Klima, sondern sparen auch Steuermittel", mahnt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Marcus Klein, der die Fahrzeuge der Landesregierung gerade in einer Kleinen Anfrage gecheckt hat, hält Rot-Grün vor: "Man predigt Wasser und trinkt Wein." Gerade bei den Neubestellunge sehe man, dass einige noch immer nicht die Zeichen der Zeit erkannt hätten. "Frei nach dem Motto: Wir sind vorbildlich, wir machen\'s einfach."
Meinung

Dem Anspruch gerecht werden
Otto Normalbürger fährt Volkswagen, Politiker steuern Luxuskarossen oder werden darin kutschiert: Dieses Vorurteil bestätigt sich beim Blick auf die Dienstwagenflotte der Landesregierung. Ausländische Fabrikate: Fehlanzeige. Nur Autos der drei deutschen Premiumhersteller werden genutzt. Das liegt zum einen an den äußerst günstigen Leasingkonditionen, über die Geschäftsleute nur staunen können. Die Nobelmarken speisen das offenbar aus ihren Marketingbudgets, immerhin sind bekannte Politiker wie Minister und Staatssekretäre willkommene Garanten für Werbung. Allerdings erlahmt auch das Interesse der Politiker am Klimaschutz schnell, wenn es um den eigenen Dienstwagen geht. Man könnte sagen: Halb zog es sie, halb sanken sie hin. Dabei würde es der erforderlichen Bequemlichkeit im Fahrzeuginneren keinerlei Abbruch tun, wenn die Motorisierung sparsamer und umweltfreundlicher wäre. Man muss es nur wollen, erst recht dann, wenn man sich den Klimaschutz auf die politische Fahne geschrieben hat wie Rot-Grün in Rheinland-Pfalz. Es wäre ein Leichtes, im Kabinett eine für alle verbindliche Höchstgrenze beim CO2-Ausstoß zu beschließen. f.giarra@volksfreund.de

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